Wohlfühl-Bundesrat auf stürmischer See
Sieben Leichtmatrosen und kein Kapitän!

Die EU bleibt hart. Das Zuwanderungs-Dossier ist blockiert. Und welcher Bundesrat zeigt den Weg? Keiner.
Publiziert: 05.02.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:42 Uhr
Die sieben Leichtmatrosen kommen miteinander gut aus, doch es fehlt an einer zupackenden Steuerfrau, einem seefesten Kapitän.
Foto: Illustration: Igor Krawarik
Von Joël Widmer und Matthias Halbeis

Bei der Umsetzung der MasseneinwanderungsInitiative steigt die Hilflosigkeit Tag für Tag. Nach dem erfolglosen Brüssel-Besuch von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ist die Regierung wieder oder noch immer auf Feld 1 – und das mitten in einer sich anbahnenden wirtschaftlichen Krise nach dem Währungsschock der Nationalbank.

Nun offenbart der Wohlfühl-Bundesrat auf stürmischer See Schwächen. Die sieben Leichtmatrosen kommen miteinander gut aus, arbeiten in ihren Dossiers beflissen, doch es fehlt an einer zupackenden Steuerfrau, einem seefesten Kapitän.

Insbesondere SP-Frau Sommaruga lässt Leadership-Qualitäten vermissen. Im Sommer hatte sie mit einem Fahrplan zur Umsetzung der SVP-Initiative das Heft in die Hand genommen. Dann aber die Vorlage auf Mitte Februar verschoben, Schwäche gezeigt aus Rücksicht auf den bevorstehenden Brüssel-Besuch.

Dann preschte Finanzministerin Eve­line Widmer-Schlumpf mit einer Aussage zur falschen Zeit vor. Das Volk, so meinte sie im fernen ­Singapur, solle ein zweites Mal über die Europa-Frage abstimmen. Eine persönliche Meinungsäusserung zwar, aber eben auch eine Brüskierung des Siebnergremiums.

Und die Bundespräsidentin musste bei ihrem Besuch bei EU-Chef Jean-Claude Juncker Anfang Woche wohl noch eine zweite bittere Erkenntnis mit nach Hause nehmen: Ihr Vorgänger im Amt und Aussenminister Didier Burkhalter hat in seinem Präsidialjahr das EU-Dossier keinen Millimeter nach vorne bewegt. Er sonnte sich zwar in seiner OSZE-Präsidentschaft, doch im Verhältnis Schweiz-EU sind die Positionen noch immer blockiert. Führungsstärke in stürmischen Zeiten sieht jedenfalls anders aus.

Da wäre Parteikollege Johann Schneider-Ammann gefragt. Der Wirtschaftsminister doziert angesichts des Währungsschocks zwar über Lohnkürzungen und Kurzarbeit – aber er produziert damit mehr Verwirrung als Klarheit. Und wo ist eigentlich die CVP-Strahlefrau Doris Leuthard? Sie steckt irgendwie fest, die Verhandlungen über ein Energie-Abkommen mit der EU harzen. Letzte Woche traf sie sich zwar mit EU-Energiekommissar Mario Cañete, doch das Einzige, was durchsickerte, stiftete erneut Verwirrung: Für Streitfälle im Strombereich soll offenbar ein Efta-Gericht als Schlichtungsstelle fungieren. Leuthards Departement bestätigte dies, und im Aussendepartement war man überrascht: War der Bundesrat nicht auf dem Weg, für Streitfälle mit der EU den Europäischen Gerichtshof anzurufen? Kurz vorher war aus dem Bundesratszimmer bereits durchgesickert, SVP-Bundesrat Ueli Maurer habe die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention angeregt. Nun rätselt die Schweiz: Weiss in dieser Regierung die rechte Hand noch, was die linke tut oder denkt? Oder schlimmer: Merkt einer im Gremium noch, dass SP-Kollege Alain Berset derzeit auffallend diskret politisiert? An der nächsten Sitzung sollte sich das Gremium aber einigen, wer in dieser Krise nun wieder das Ruder in die Hand nimmt und den Matrosen die Kommandos gibt.

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