Thomas Aeschi (38) war in offizieller Mission auf Sizilien. Auf Einladung des italienischen Senats besuchte der SVP-Nationalrat als Präsident der Efta-/EU-Delegation des Parlaments den Hotspot Pozzallo. Dort betreibt die EU seit Sommer 2016 ein Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge auf der zentralen Mittelmeerroute.
«Schlepper in Libyen instruieren die Menschen, die Formulare entsprechend auszufüllen», erfuhr Aeschi von italienischen Behördenvertretern. Zurzeit seien 150 der 300 Plätze im Hotspot Pozzallo belegt: «Die Leute bleiben nur rund eine Woche hier.»
Während dieser Zeit werde entschieden, ob die Migranten ein ordentliches Asylverfahren erhalten, auf ein anderes EU-Land umverteilt oder wieder abgewiesen werden. Das Problem: Abgewiesenen bleibt eine Woche, die EU zu verlassen. «Die meisten nutzen die Zeit, um unterzutauchen», schätzt Aeschi und fordert deshalb, in Libyens Nachbarländern Tunesien und Ägypten Flüchtlingslager zu errichten: «Nur so können wir die Flüchtlinge vor der gefährlichen Fahrt übers Mittelmeer bewahren.»
Allgemein mache der EU-Hotspot an Siziliens Südspitze einen guten Eindruck: «Die Flüchtlinge können hier Fussball oder Pingpong spielen. Es gibt eine Krankenstation, wo die Leute kostenlos behandelt werden.» Was Aeschi erstaunt: Von bislang mehr als 37'000 Personen, die übers Mittelmeer nach Italien gelangten, stammen die meisten aus Bangladesch. Überwiegend müssen sie Italien wieder verlassen, weil sie in Europa kein Asyl beanspruchen dürfen. «Ich habe mit einem Bangladeschi gesprochen, der mir berichtete, wie er über Pakistan, Ägypten und Libyen nach Italien gelangte. Seine Flucht dauerte fast vier Jahre», berichtet Aeschi. «Ich musste ihm dann erklären, dass er keinen Anspruch auf Asyl in Europa hat.»
Dem SVP-Politiker ist klar: Obwohl in Italien so viele Flüchtlinge anlanden wie noch nie zu dieser Jahreszeit, können die Behörden den Ansturm noch gut bewältigen. Auch an der Schweizer Grenze sei die Lage deshalb noch ruhig. «Aber», so Aeschi: «Das kann sich sehr schnell ändern.»