Senioren-Autofahrer sollen später zur Pflicht-Kontrolle
Hausärzte für Alterslimite 75 statt 70

Seit Jahren kämpft SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (AG) für eine Erhöhung der Alterslimite beim Autofahrer-Gesundheitscheck. Unterstützung kommt nun von unerwarteter Seite: Die Hausärzte halten die Kontrollpflicht ab 70 für «unverhältnismässig». Die Kantone hingegen wehren sich vehement gegen die höhere Alterslimite.
Publiziert: 18.01.2017 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:05 Uhr
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Ab welchem Alter sollen Senioren-Autofahrer zur Pflicht-Kontrolle?
Foto: Volkmar Schulz
Ruedi Studer

Wer heute als Senior noch Auto fährt, muss mit 70 zur obligatorischen Kontrolluntersuchung antraben – und dann alle zwei Jahre wieder. Für viele Senioren eine lästige Pflicht, die sie erst noch aus dem eigenen Sack berappen müssen. 

SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (74) kämpft seit Jahren gegen diese «Schikane von Senioren» an. Die Kontrollpflicht soll erst ab 75 gelten, forderte er in einer parlamentarischen Initiative. Nach langem Ringen und entgegen der Empfehlung der zuständigen Verkehrskommissionen kam Reimanns Vorstoss im Parlament schliesslich knapp durch. 

Massiver Widerstand der Kantone

Die entsprechende Gesetzesänderung befindet sich derzeit in der Vernehmlassung. Und da stösst die Idee auf massiven Widerstand der Kantone. Die bisherigen Stellungnahmen fallen durchwegs negativ aus. Die Fahrtauglichkeits-Überprüfung sei ein «wichtiger präventiver Beitrag an die Verkehrssicherheit», schreibt etwa der Kanton Basel-Stadt.

Und Reimanns Heimatkanton Aargau befürchtet, dass sich Autofahrer künftig «zwischen 70 und 75 Jahren kaum mehr mit ihrer Fahreignung befassen». Defizite würden nicht mehr rechtzeitig erkannt, womit sich die Verkehrssicherheit verschlechtern könnte. 

Auch die Urner Regierung lehnt die Erhöhung vehement ab und will die Schrauben sogar noch stärker anziehen. Sie beantragt, dass die Kontrolle ab dem 84. Altersjahr jährlich durchgeführt werden soll.

Reimanns Ärger über «Verwaltungsbürokratie»

Reimann ärgert sich über die kantonalen Rückmeldungen: «Der Filz aus Verwaltungsbürokratie, Strassenverkehrsämtern und gut verdienenden Verkehrsmedizinern verteidigt sein Gärtchen.» 

Doch jetzt erhält der SVP-Mann Unterstützung von unerwarteter Seite: Die Hausärzte stellen sich hinter die Vorlage. Und damit jene Berufsgruppe, die die Kontrolluntersuchungen in der Regel durchführt. «Die meisten Senioren zwischen 70 und 75 Jahren sind noch recht fit», sagt Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands Haus- und Kinderärzte Schweiz. Bei den Kontrolluntersuchungen stelle man kaum gravierende Mängel oder Einschränkungen fest. 

Die Kontrollpflicht mit 70 sei daher «unverhältnismässig und für die Hausärzte eine unnötige Zusatzbelastung», sagt Luchsinger. «Bisher gibt es auch keine wissenschaftliche Untersuchung, welche die Wirksamkeit der tieferen Limite belegt.»

Senioren geben Billett freiwillig ab

Kommt hinzu, dass die Eigenverantwortung spielt: «Viele Senioren geben das Billett freiwillig ab.» Sei ein Patient fahruntauglich, würden die Ärzte unabhängig vom Alter eingreifen. «Wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen mit 25, 50 oder 65 nicht mehr Autofahren kann, können wir das heute schon melden.»

Die Hausärzte würden das Thema auch ausserhalb der obligatorischen Untersuchungstermine sehr ernst nehmen, betont Luchsinger. So haben sich die Hausärzte im Rahmen von Via Sicura etwa auch zur Fortbildung in dieser spezifisch verkehrsmedizinischen Frage verpflichtet und wenden mittlerweile schweizweit standardisierte Kontrollverfahren an.

«Die Kurse sind jeweils bumsvoll», sagt Luchsinger. Sein Fazit: «Niemand muss Angst haben, dass etwas Schwerwiegendes passiert, wenn wir die Alterslimite auf 75 heraufsetzen. Unsere Praxiserfahrung zeigt: Dort ist die richtige Grenze.»

Reimann: «Weg frei für vernünftige Regelung»

Reimann freut sich über den Support. Das definitive Geschäft muss nämlich nochmals die Parlamentshürde – und allenfalls auch die Referendumshürde – nehmen. Für Reimann ist klar: «Dass mit den Hausärzten die Leute an der Front die Änderung unterstützen, macht den Weg frei für diese vernünftige Regelung.»

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