Schweiz wird laut Fedpol EU-Waffenrecht übernehmen
Europa halbiert unsere Sturmgewehr-Magazine

Neues Waffenregister, Vereinszwang für Schützen, kleinere Magazine fürs Sturmgewehr. Das verschärfte EU-Waffenrecht sorgt für rote Köpfe bei den Schützen – und stellt die Schweizer Mitgliedschaft im Schengenraum in Frage.
Publiziert: 14.03.2017 um 16:31 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:49 Uhr
Künftig soll das Magazin des Sturmgewehrs nur noch zehn Patronen fassen dürfen.
Foto: Martin Rütschi
Christof Vuille

Das EU-Parlament kennt keine Gnade mit den Schweizer Schützen. Mit 491 zu 178 Stimmen bei 28 Enthaltungen verschärfen die Politiker in Strassburg im Nachgang zu den Terroranschlägen in Paris das Waffenrecht. Das gilt wegen der Mitgliedschaft im Schengen-Raum auch für die Schweiz.

Bundespolizei bestätigt «Einschränkungen»

Lange war unklar, in welchen Punkten hiesige Schützen vom Verdikt aus Strassburg genau betroffen sind. Nun spricht Catherine Maret vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) Klartext: «Mit dem Entscheid gibt es künftig einige Einschränkungen wie die Limitierung auf zehn Patronen pro Magazin oder die Pflicht zur Mitgliedschaft in einem Verein.»  Zudem müsse die Schweiz ein neues Waffenregister erstellen.

Das Bundesamt für Polizei von Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) spricht von «Einschränkungen», welche die Schweiz übernehmen werden.
Foto: Peter Schneider

Diese Beschlüsse dürften in zwei Wochen von den Justizministern des Schengen-Raums abgenickt werden. Danach werde die Schweiz «die Bestimmungen unter Vorbehalt der Zustimmung des Parlaments übernehmen», erklärt die Fedpol-Sprecherin.

Der Bundesrat werde dem Parlament in der Folge eine Vorlage präsentieren, wie die neuen Richtlinien in schweizerische Gesetze überführt werden können. Für die Umsetzung bleiben der Schweiz zwei Jahre Zeit.

Die Entscheide aus Strassburg haben politischen Zündstoff: Offensichtlich bereits problematisch ist die Magazingrösse. Das Magazin des weit verbreiteten Sturmgewehrs 90 der Armee fasst nämlich 20 Schuss. Zusammen mit den anderen Punkten sind die Schützen nicht bereit, diese Pille zu schlucken.

Schiesssportverband: «Wir werden das Referendum ergreifen»

Für Dora Andres, Präsidentin des Schweizerischen Schiesssportverbands (SSV), ist jetzt klar: «Wir werden das Referendum gegen diese Bestimmungen ergreifen.» Sollte das Volk den Schützen Recht geben, wäre die Mitgliedschaft der Schweiz im Schengen-Raum in Frage gestellt.

Mit dem entsprechenden Abkommen wurden systematische Grenzkontrollen abgeschafft. Andres ist überzeugt, dass die Bevölkerung den Schützen folgt – «auch wenn die Schweiz dadurch aus dem Schengen-Raum fliegt». 

Bund warnt: «Ohne Schengen wäre die Polizei blind»

Was wären die Folgen davon? «Ohne Schengen wäre die Polizei blind, da uns der Zugriff auf das EU-Fahndungssystem SIS verwehrt bleibe. Für die Sicherheit wäre das ein Nachteil», warnt Fedpol-Sprecherin Maret.

Für Andres ist aber klar: Mit den «unsinnigen Verschärfungen» würden keine Terroranschläge verhindert, sondern «aufrechte Waffenbesitzer diskriminiert». Ein «Vereinszwang» sei für den SSV «inakzeptabel», so die ehemalige Berner FDP-Regierungsrätin.

SVP-Nationalrat: «Das ist beinahe diktatorisch»

Auch der Berner SVP-Nationalrat Werner Salzmann kündigt Widerstand an. «Was das EU-Parlament heute entschieden hat, ist bürokratisch und beinahe diktatorisch.» Die Schweiz habe eine eigene Waffentradition. 

Für Salzmann ist klar: «Dass die Schützen neue Magazine für das Sturmgewehr 90 und 57 beschaffen sollen, ist gar keine Option. Unsere Schiessprogramme brauchen zwingend grössere Magazine.» 

Er werde noch in dieser Session eine Motion einreichen, «die dem Bundesrat verbietet, die Vorgaben zu unterzeichen», sagt er.

Jubelstimmung herrscht dafür bei der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA). Diese begrüsst die Verschärfungen ausdrücklich. Sekretär Lewin Lempert sagt: «Denjenigen Kreisen, welche aufgrund der Verschärfung sogar mit der Kündigung des Schengen-Abkommens drohen, sind die Toten bei Familiendramen schlicht egal.»

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