China plant die totale Medienkontrolle seiner Bevölkerung. Mit neuen Überwachungsprogrammen will das Regime das Milliardenvolk ausspähen. Welche Webseiten die Bürger besuchen, mit wem sie telefonieren, die Filme, die sie sehen: Jeder Akt der elektronischen Kommunikation soll erfasst und ausgewertet werden.
SonntagsBlick-Recherchen zeigen jetzt: Bei der Schnüffeloffensive wollte Peking auch Schweizer Technik einsetzen. Über eine Tarnfirma hat China versucht, an Überwachungssoftware zu gelangen, die hierzulande produziert wird. Der Bund verhinderte den Spionagedeal in letzter Minute. Berns Befürchtung: Der chinesische Staatsapparat könnte die Technik zur Repression von Kritikern verwenden.
Das Geschäft war bereits so gut wie abgeschlossen. Noch in diesem Jahr hätte ein Schweizer Unternehmen die hochmoderne Technologie an eine chinesische Privatfirma liefern sollen. Mit der Software lassen sich Funksignale anzapfen und grosse Datenmengen analysieren. Auftragsumfang: knapp 87’000 Franken.
Seco wurde stutzig
Dann machten Ungereimtheiten in den Exportunterlagen das für Ausfuhrbewilligungen verantwortliche Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) stutzig. Nach eingehender Überprüfung durch den Nachrichtendienst gelangten die Experten des Bundes zum Schluss, dass die chinesische Firma nur als Tarnunternehmen fungierte. In Wahrheit war die Spionagesoftware für das chinesische Regime bestimmt.
Vom Seco ist weder zu erfahren, um welche Technik es sich handelt, noch, welche Schweizer Firma in den Deal involviert ist. Sprecher Fabian Maienfisch bestätigt aber: «Es geht um Softwarelösungen, die für Repressionszwecke eingesetzt werden können.» Und: Es habe ein «erhebliches Risiko» bestanden, dass die chinesische Firma das Material an staatliche Stellen weitergeleitet hätte.
Ähnliche Lieferungen wiederholt gestoppt
Bei seiner Entscheidung beruft sich das Seco auf die Verordnung über die Ausfuhr von Gütern zur Internet- und Mobilfunküberwachung. Die lässt es zu, eine Lieferung zu stoppen, wenn der Verdacht besteht, dass die Güter gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden – statt etwa zur Bekämpfung von Terrorismus oder für die Suche nach Vermissten. Zweifel über den Endverbleib der Lieferung gelten ebenfalls als Verbotsgrund.
Ähnliche Lieferungen wurden bereits wiederholt gestoppt. 2015 verweigerte das Seco die Bewilligung für den Export von Geräten zur Handyüberwachung an Vietnam und Bangladesch, 2016 ging es um die Türkei.
In China ist das Geschäft mit der Überwachung ein Wirtschaftsfaktor. Die Spionageindustrie boomt. Pekings neuste Massnahme ist ein Punktesystem für alle Bürger. Von Postings im Internet bis hin zum Stand der finanziellen Verhältnisse – das Verhalten von 1,3 Milliarden Chinesen soll in einem elektronischen Verzeichnis erfasst und bewertet werden: totale soziale Kontrolle.