An der Decke im Haus von Oskar Freysinger (52) hängt eine deutsche Reichskriegsflagge. Erstmals zeigte sie der SVP-Nationalrat letzten Sonntag in der SRF-Sendung «Reporter». Was viele irritierte. Denn Hitlers Marine hisste die Flagge bis 1945, oft schwenken sie heute weltweit Neonazis.
Politisch brisant: SRF kannte Freysingers Banner bereits zwei Wochen vor dem ersten Urnengang der Walliser Staatsratswahlen am 3. März. «Wir drehten die Flaggen-Passage am 16. Februar», sagt SRF-Reporter Roland Huber, der Autor des Films. Freysinger erinnert sich nicht mehr genau, sagt aber: «Die Aufnahmen fanden sicher vor den Wahlen statt.»
Nur: Die Walliser erfuhren nichts von der heiklen Fahne.
SRF hielt die Informationen zurück. Entschied es die Wahl? Hätten die Bergler anders abgestimmt, hätten sie gewusst, dass Freysinger seit 15 Jahren eine Flagge besitzt, die Neonazis aufhängen, weil das Hakenkreuz verboten ist? Hätte die FDP ihren Sitz halten können?
Beurteilen will das Gabi Huber, die Präsidentin der FDP-Liberale-Fraktion, nicht. Aber: «Einige Wählerinnen und Wähler hätten es sich vielleicht noch einmal überlegt, ob das wirklich die Person ist, der sie ihre Stimme geben wollen.»
Darüber dachte SRF nicht mal nach. «Wir haben uns die Frage nie gestellt, ob wir die Informationen über die Flagge im Voraus publik machen», sagt SRF-Chefredaktor Diego Yanez. «Es war stets die Absicht, das Porträt nach den Wahlen auszustrahlen, was immer darin vorkommt.» Letztlich aus politischen Gründen verschwieg es SRF. Yanez: «Hätten wir die Fahnen-Geschichte kurz vor den Wahlen publiziert, hätten wir damit direkt in den Wahlkampf eingegriffen. Das widerspricht unseren Leitlinien.»
Freysinger sah den Film am 21. März in Bern, drei Tage vor dessen Ausstrahlung. «Ich hatte die Chance gehabt, die Szene zu streichen, aber ich liess sie drin», sagt Freysinger. Warum? «Ich sah darin kein Problem.» Der erfahrene Reporter Huber erkannte den Zündstoff offenbar nicht. «Als wir das drehten, erkannte ich nichts Anrüchiges», sagt er. «Hätte da ein Hakenkreuz gehangen, hätte ich sicher mehr Fragen gestellt.»
Die Flagge sei «politisch brisant», sagt Politologe Michael Hermann. «Aus staatspolitischer Sicht hätte SRF die Wählerinnen und Wähler darüber informieren müssen.» Ob es den Wahlausgang verändert hätte, sei reine Spekulation. «Die Walliser sind eigensinnige Leute, Freysinger wäre vermutlich trotzdem gewählt worden.»
Nicht nur SRF kannte die Flagge vor den Wahlen, so Freysinger. «Andere Journalisten sahen sie in meinem Keller.» Keiner teilte es den Wählern mit.