Am FDP-Fraktionsausflug verteilte Geheimdienstchef Markus Seiler Werbematerial für das neue Nachrichtendienstgesetz – zum Ärger der Überwachungs-Gegner (BLICK berichtete).
Darauf angesprochen verspricht SVP-Bundesrat Guy Parmelin gegenüber BLICK: «Der NDB-Chef wird sich im Abstimmungskampf zurückhalten.» Die fragliche Informationskarte beantworte nur, «was uns viele Leute fragen. Das ist keine Propaganda».
Dann schiebt Parmelin nochmals ausdrücklich nach: «Aber natürlich, ich sags auf Französisch: Un chef de service secret, il reste secret – il reste derrière!» Der Geheimdienstchef habe im Geheimen zu bleiben, sprich: im Hintergrund.
Seiler selbst betonte, er werde jederzeit technische Fragen beantworten – fürs Politische hingegen sei ausschliesslich der Bundesrat zuständig.
Freiheit und Sicherheit «im Gleichgewicht»
Gemeinsam hatten Parmelin und Seiler heute in Bern den Abstimmungskampf für das neue Geheimdienstgesetz eröffnet. Heute sei die Schweiz nicht genügend gegen Bedrohungen geschützt, so Parmelin. Es brauche zusätzliche Mittel.
Können heute Verdächtige nur im Rahmen von Strafverfahren überwacht werden, soll künftig auch die präventive Überwachung erlaubt sein. So soll der NDB künftig auch soll Telefone abhören, Privaträume verwanzen und in Computer eindringen dürfen.
Zwar erhalte der NDB mehr Mittel, im Gegenzug sei aber auch die Kontrolle verstärkt worden, betonte Parmelin. «Es ist ein helvetischer Kompromiss. Das Gesetz gewährleistet das Gleichgewicht zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Sicherheit, dem Schutz der Allgemeinheit.»
«Risiko null gibt es nicht»
Parmelin rechnet mit rund zehn Fällen pro Jahr, in denen der Nachrichtendienst von den neuen Kompetenzen Gebrauch machen würde. Würden es plötzlich viel mehr, hätte der NDB ein Glaubwürdigkeitsproblem, so Parmelin. Eine Massenüberwachung wie in anderen Ländern sei jedenfalls nicht vorgesehen. Das Ziel sei viel mehr eine «wirkungsvolle» Überwachung.
Parmelin räumte ein, dass sich selbst mit mehr Überwachung nicht alle Anschläge verhindern liessen. Zu aktuellen Beispielen in Frankreich, Belgien oder den USA meinte er: «Risiko null gibt es nicht.» Und NDB-Chef Seiler befand, es gebe etwas zwischen «alles verhindern» und «nichts verhindern».
«Beste Werbung» durch Islamischen Zentralrat
Gegen das neue Gesetz hatten das «Bündnis gegen den Schnüffelstaat» – eine Allianz aus Juso-, Grünen- und SP-Vertretern sowie Organisationen wie die Digitale Gesellschaft oder Grundrechte.ch das Referendum ergriffen.
Einen Steilpass lieferte Parmelin der umstrittene Islamische Zentralrat (IZRS) der Schweiz, der jüngst seinen Widerstand gegen das Gesetz ankündigte. «Das ist die vielleicht beste Werbung für das Gesetz», meinte Parmelin dazu trocken. Das Stimmvolk entscheidet am 25. September.