Alles zur heutigen Monster-Debatte im Nationalrat
Wenns sein muss, dauert sie die ganze Nacht
Um 15 Uhr startet die Debatte im Nationalrat, um 21.30 Uhr soll sie fertig sein – hofft man. Offiziell trägt die Debatte aber den Vermerk «open end». Wird bis dann kein Entscheid gefällt, wird weiter debattiert - wenns sein muss die ganze Nacht.
Lang, aber nicht aussergewöhnlich
Mit sechs Stunden am Stück wird es eine lange Debatte. Aussergewöhnlich ist dies hingegen nicht, wie die Parlamentsdienste mitteilen. Komplizierte Geschäfte oder Volksinitiativen dauern in der Regel lange. Die Debatte zur Energiewende vor zwei Jahren zum Beispiel dauerte satte 20 Stunden, verteilt auf fünf Tage.
Was wird debattiert?
Gestritten wird über die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Der Vorschlag der staatspolitischen Kommission sieht ein dreistufiges Modell vor, den «Inländervorrang light»:
• Der Bundesrat soll Massnahmen ergreifen, um das inländische Potential auszuschöpfen
• Ausserdem kann der Bundesrat eine Stellenmeldepflicht einführen
• Hilft auch dies nicht, soll er «geeignete Abhilfemassnahmen» treffen können.
Wer ist dafür?
FDP, SP, Grüne, GLP und BDP werden dem «Inländervorrang light» zustimmen. Die CVP ist mit dem Vorschlag grundsätzlich einverstanden, verlangt aber, dass der Bundesrat Kontingente einführen kann. Unterstützung erhält sie von der SVP. Für die Linken hingegen ein No-Go, sie sehen die bilateralen Verträge mit der EU in Gefahr und warnen die Christ-Demokraten davor, dass sie ihren Vorschlag bachab schicken werden.
Wer ist dagegen?
Einzig die SVP, Urheberin der Masseneinwanderungsinitiative, ist gegen den «Inländervorrang light». Als Missachtung des Volkswillens sieht sie den Vorschlag und wird ihn wohl geschlossen ablehnen. Bisher drohte die Partei, sie werde eine neue Initiative gegen die bilateralen Verträge starten, falls die Masseneinwanderungsinitiative nicht gemäss Volkswillen umgesetzt werde. Nun stünde sie unter Zugzwang.
Wird es darum langweilig?
Nein, gar nicht. Hinter den Kulissen laufen die Diskussionen bis zum Schluss. Man hört, dass die SVP dem Vorschlag der CVP aus taktischen Gründen nicht abgeneigt ist und darum zustimmen will. Stimmen SVP und CVP geschlossen für den Antrag, wird es knapp und spannend: Dann würden theoretisch nur noch fünf Stimmen für den CVP-Vorschlag fehlen. Abweichler aus anderen Parteien könnten das Zünglein an der Waage sein.
Ist der Entscheid des Nationalrates definitiv?
Nein. Denn zuerst muss das Geschäft noch vom Ständerat behandelt werden – voraussichtlich in der Wintersession. Eine Prognose ist schwierig, bis dahin kann viel passieren. Nimmt man den Umgang mit der Durchsetzungs-Initiative als Massstab, so hat sich die kleine Kammer bisher eher für einen pragmatischen – also für einen sinngemässen und nicht wortgetreuten – Umgang mit Volksinitiativen ausgesprochen. Auch könnte gegen den «Inländervorrang light» das Referendum ergriffen werden. Dann hätte das Volk das letzte Wort.
Live dabei
Blick wird ab 15 Uhr live aus dem Nationalrat tickern und zusätzlich jede Stunde eine Kurzanalyse veröffentlichen.
Simon Huwiler