Suthakaran Ganapathipillai kandidierte bei den Solothurner Kantonsratswahlen im März für die SP. Gewählt wurde der Tamile nicht, trotzdem schlägt er sich noch immer mit den Folgen seines Wahlkampfs herum.
Kurz nachdem Ganapathipillai nämlich seine Kandidatur bekannt gegeben hatte, begannen Angriffe in den sozialen Medien: «Verräter» war dabei fast noch der harmloseste Vorwurf. Andere schwärzten ihn als Mitarbeiter des sri-lankischen Geheimdienstes an oder publizierten Bilder von ihm mit einem schwarzen Punkt im Gesicht. So werden in der tamilischen Kultur Geächtete und Ausgestossene markiert.
Pikant: Die Absender waren keine rassistischen Schweizer, sondern andere Tamilen. Verantwortlich war eine Gruppe, die den ehemaligen Tamil Tigers nahesteht und mit der auch bekannte SP-Mitglieder verbunden sind. Sie üben zum Teil sogar öffentliche Mandate für die Partei aus. So etwa der Zuger Juso-Aktivist Kurusamy Kuruparan, die Thuner SP-Stadträtin Darshikka Krishnanantham oder der ehemalige Luzerner SP-Kantonsrat Lathan Suntharalingam, der durch mehrere «Arena»-Auftritte schweizweit bekannt wurde.
Mit Adolf Hitler verglichen
Ganapathipillai suchte Hilfe beim Präsidenten seiner Bezirkspartei, Markus Baumann. Dieser schaltete die Kantonspartei ein, die wiederum bei der SP Schweiz vorstellig wurde. Doch eine Reaktion auf die Beschimpfungen, so die Aussagen von Baumann und Ganapathipillai, kam nicht recht in die Gänge.
Immerhin: Im Februar bat die SP Schweiz dann alle Beteiligten zu einem runden Tisch. Nur brachte dieser keine Lösung. Die Schmähungen gegen Ganapathipillai auf Facebook gingen weiter. Höhepunkt war eine Collage von ihm zusammen mit SP-Präsident Christian Levrat, dazu ein Bild von Adolf Hitler mit dem Zitat: «Ein mutmasslicher Nazi in den Reihen [sic!] SP???».
Da platzte dem Projektleiter eines Med-Tech-Unternehmens der Kragen. Ganapathipillai erstattete Strafanzeige bei der Polizei, auch um seine Familie zu schützen: «Die Tamil Tigers haben in der Vergangenheit auch schon kritische Stimmen ermordet, in Frankreich zum Beispiel.» Doch wie die SP nehme die Polizei die Sache eher auf die leichte Schulter, beklagt er sich. Viele der Aussagen seien wahrscheinlich durch die Meinungsfreiheit geschützt. Nun muss die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sie auf die Strafanzeige eintreten wird oder nicht.
Grund für den Konflikt unter den Tamilen ist die Frage, wie man damit umgehen soll, dass der Befreiungskampf nach der Niederlage der Tamil Tigers wohl vorbei ist. Ganapathipillai hält Abstand zu den Befreiungskämpfern und sieht die Zukunft in der Integration. Darum trat er auch in die SP ein und will sich politisch einbringen. Genau das ist in den Augen der Unabhängigkeitsaktivisten aber nichts anderes als Verrat am tamilischen Erbe.
Nach einem zweiten runden Tisch am 30. März verliess Drahtzieher Kurusamy Kuruparan unter Protest die SP. In einem offenen Brief kritisierte er die Genossen scharf. Am Gespräch habe er die Gründe für die Veröffentlichung der Social-Media-Einträge nicht erklären dürfen und man sei nicht bereit gewesen, darüber zu diskutieren: «Kritische Ausländer gehören ja nicht zur SP. Leider kann ich als Angehöriger eines unterdrückten Volkes nicht als armes Kind in eurer Agenda funktionieren und den lieben linken Schweizern gehorchen.»
«Wer andere Mitglieder beschimpft, ist fehl am Platz»
Bei der SP Schweiz hält Mediensprecher Michael Sorg dagegen, dass sich der Konflikt um die Innenpolitik Sri Lankas drehe und er darum nichts mit der SP oder den SP-Migranten zu tun habe. Solche Diskussionen dürften in der SP durchaus geführt werden, doch: «Wer Parteikollegen, die anderer Meinung sind, als Feinde begreift und sie beschimpft und verleumdet, ist in der SP fehl am Platz.» Laut Sorg habe der Belästiger auf stur geschaltet und sich geweigert, die Verleumdungen zurückzunehmen. Vor diesem Hintergrund sei es für alle Beteiligten das Beste, dass er die Konsequenzen gezogen und seinen Austritt eingereicht habe.
Trotzdem findet Sorg, die Strategie der SP, Personen mit Migrationshintergrund aktiver einzubeziehen, zahle sich aus. Der Konflikt zeige, dass die «SP-Migranten eine Plattform für Menschen sind, die sich aktiv politisch integrieren und an der Schweizer Politik teilnehmen möchten. Wer hingegen ein Gefäss sucht, um die Konflikte in seinem Herkunftsland weiterzubewirtschaften, ist bei den SP-Migranten am falschen Ort.»
Für Baumann und Ganapathipillai ist die Angelegenheit aber noch nicht vorbei. «Die Anzeige wird sicher nicht zurückgezogen, dafür wurde die rote Linie einfach überschritten», so Baumann. Ihn enttäusche vor allem die Schwerfälligkeit seiner eigenen Partei: «Die SP hat viel zu lange einfach rumgeeiert.» Er hätte sich gewünscht, dass die SP die Mobber viel früher vor die Wahl gestellt hätte, entweder aufzuhören oder die Partei zu verlassen. «Dass die Partei engagierte Mitglieder, die derart unter Druck gesetzt werden, so lange im Stich lässt, ist schon sehr unbefriedigend.»
Solothurner Staatsanwaltschaft entscheidet dieser Tage
Ganapathipillai erhält nächste Woche Bescheid von der Staatsanwaltschaft. Und das ist matchentscheidend, wie er sagt: «Im Gegensatz zu dieser Gruppe habe ich nicht das Geld, um mich von den bestmöglichen Anwälten vertreten zu lassen.» Würde er einen negativen Bescheid bekommen, müsste er die Anzeige daher zurückziehen.
SP-Stadträtin Darshikka Krishnanantham sagt zum Vorfall, sie sei von der Gruppe um Kurusamy Kuruparan nur bei den letzten Wahlen unterstützt worden. Selber sei sie nicht Mitglied. Sie verurteilt die Schmähungen gegen Ganapathipillai aber dezidiert. Ex-Kantonsrat Lathan Suntharalingam dagegen will sich nicht zu seinen Beziehungen zur Gruppe äussern. Was er aber trotzdem festhält: Wer keine derartige Kritik aushalte, sei in der Politik am falschen Platz.