Kommentar zum Energiesteuer-Debakel
Das Volk macht Kleinholz aus Bäumles Grünliberalen

Die Grünliberalen erleiden mit ihrer Energiesteuer-Initiative eine historische Schlappe. Wie wurden die Senkrechtstarter zur Grössten Loser Partei?
Publiziert: 08.03.2015 um 16:33 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:58 Uhr
Von Matthias Halbeis

Bisher waren die Grünliberalen von Sieg zu Sieg geeilt. Ihre Art zu politisieren, hatte ihnen nicht nur in den Städten, sondern auch in den Agglomerationen und grösseren Gemeinden viele Wählerinnen und Wähler beschert: Ihre Art, Umweltschutz zu propagieren, stiess auf Anklang. Schliesslich stehen die Grünliberalen nicht in erster Linie für Verzicht, sondern für die technische Lösung solcher Probleme. Dazu geben sie sich aufgeklärt, liberal und lassen sich auch auf dem Links-Rechts-Schema kaum richtig platzieren. Wer mit der SP oder den Grünen nicht mehr so ganz warm wird, dem bieten sie einen neue Heimat. Trotzdem sind sie in der Sozialpolitik auch mal für harte Schnitte und überzeugen so auch Bürgerliche. Gerade Grüne, SP und die FDP rauften sich zunehmend die Haare, weil sie nicht wussten, wie sie diesen Siegern aus der Mitte beikommen sollten.

Doch seit heute ist für die Grünliberalen nichts mehr so, wie es war. Nur gerade acht Prozent der Stimmenden haben für ihre Energie- statt Mehrwertsteuer-Initiative votiert. Diese Niederlage ist historisch: Am 3. Dezember 1972– ein Jahr nach Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz –  stimmten anteilsmässig fast doppelt so viele Stimmende für die Einführung einer Volkspension, welche die Partei der Arbeit damals lanciert hatte. Oder anders gesagt: Mitten im kalten Krieg erzielten Kommunisten mit einem ideologischen Vorhaben mehr Unterstützung als die Grünliberalen heute mit ihrer technokratischen Steuerreform. Da spielt es wohl auch keine Rolle mehr, dass das Parlament die Vorlage eisig behandelt hatte und die berechtigten Anliegen darin gar nicht beachten wollte. Letztlich hätte die Initiative am meisten Wirkung erzielt, wenn man ihr in Bern einen abtempierten Gegenvorschlag entgegengestellt hätte. Nun könnte das schlechte Abschneiden sogar die Schweizer Energiewende gefährden. So sieht der Spitzenverband der Wirtschaft Economiesuisse nach dem schlechten Abschneiden der GLP-Initiative Handlungsbedarf.

Die Parteileitung um Gründer Martin Bäumle hatte die Partei mit der Initiative optimal für die Eidgenössischen Wahlen vom Oktober 2015 positionieren wollen. Dafür hatte man auch tief in die Parteikasse gelangt. Nun müssen sich die Grünliberalen fragen, warum ihre Strategie gründlich gescheitert ist. Da werden sie wohl auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Partei aufgrund ihrer kurzen Geschichte noch zu wenig klar positioniert und gesetzt ist. Und genau das war ja bisher ihr Erfolgsgeheimnis. Für Wahlen reicht dies, nur gewinnt man damit keine Volksabstimmung.

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