Initiative für Kopfbedeckungsverbot an Walliser Schulen
«Wir wollen keine Zustände wie in Frankreich»

Die Walliser SVP reicht heute Nachmittag eine kantonale Volksinitiative für ein Kopfbedeckungsverbot an öffentlichen Schulen ein. Betroffen wären zwar auch Dächlikappen, doch im Fokus steht das Kopftuch.
Publiziert: 22.02.2016 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:20 Uhr
Ruedi Studer

Im Wallis kommt es wohl zu einer Premiere: Erstmals entscheidet die Stimmbevölkerung eines Kantons über ein Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen. Heute Nachmittag reicht nämlich die Walliser SVP ihre Volksinitiative für ein «Kopfbedeckungsverbot an Walliser Schulen» ein. Rund 4300 beglaubigte Unterschriften seien beisammen, sagt SVP-Nationalrat und Mitinitiant Jean-Luc Addor zu BLICK. 4000 Unterschriften sind nötig.

SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (VS).
Foto: Keystone

Zwar geht es offiziell um ein Kopfbedeckungsverbot, dass damit aber auf das Kopftuch gezielt wird, räumt Addor offen ein. «Das Kopftuch ist der Grund für unsere Initiative.»

Man wolle sich aber nicht dem Vorwurf der Diskriminierung von Muslimen aussetzen, sagt Addor, deshalb wolle man alle Kopfbedeckungen – also auch Mützen oder die jüdische Kippa – verbieten.

«Befreiung für betroffene Mädchen»

In einer früheren Motion, die im Kantonsparlament knapp scheiterte, hatte Addor geschrieben: «Wenn wir nicht aufpassen, wird die Schule im Wallis und auch andernorts zu einem Ort, wo Sippenverhalten zelebriert und die Zugehörigkeit zu fremden Religionen zur Schau gestellt werden.» 

An öffentlichen Walliser Schulen sollen muslimische Mädchen das Kopftuch nicht mehr tragen dürfen. (Symbolbild)
Foto: JOCKEL FINCK

Heute sieht er das Kopfbedeckungsverbot aber auch als «Signal für die Integration». Und noch mehr: «Für die betroffenen Frauen und Mädchen würde es eine Befreiung bedeuten!»

Die Kopftuch-Frage sei an Walliser Schulen zwar noch kein grosses Problem, räumt der SVP-Mann ein, aber: «Wir wollen nicht warten, bis wir Zustände wie in Frankreich haben. Jetzt haben wir noch die Kontrolle, präventiv zu handeln.»

Beauftragt das Stimmvolk den Kanton mit der Schaffung eines entsprechenden Gesetzes, würde damit zumindest eine Forderung des Bundesgerichts erfüllt: Dieses hatte 2013 entschieden, dass ein Kopftuchverbot nicht einfach in einem Schulreglement verfügt werden kann. Ein solcher Eingriff in die persönliche Freiheit müsse in einem formellen Gesetz geregelt werden.

Letztes Jahr hielt das Bundesgericht in einem anderen Urteil allerdings auch fest, ein Verbot müsse noch weitere Bedingungen erfüllen. So müsse etwa ein öffentliches Interesse gegeben sein – was im konkreten Fall nicht gegeben war.

Aus pädagogischer Sicht spricht nichts gegen das Kopftuch

Doch was sagt die Lehrerschaft zur Initiative? «Ich will nicht beurteilen, ob es diese Initiative braucht oder nicht – das entscheidet das Walliser Stimmvolk», sagt Beat W. Zemp, der Präsident des schweizerischen Lehrer-Dachverbands LCH.

«Die Initiative macht insofern Sinn, als sie nicht einfach das Kopftuch diskriminiert, sondern alle Kopfbedeckungen gleichbehandelt.» Insgesamt mache sie aber eben doch keinen Sinn, da sie der bisherigen Gerichtspraxis widerspreche. «Mit Berufung auf die Religionsfreiheit erlaubt das Bundesgericht muslimischen Schülerinnen das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht, sofern dadurch der obligatorische Unterricht nicht gestört wird. Ein juristischer Konflikt scheint mir daher programmiert.»

Lehrerverbands-Präsident Beat W. Zemp.
Foto: Keystone

Der oberste Lehrer sagt aber klar: «Aus pädagogischer Sicht spricht nichts gegen das Kopftuch, solange die Schülerinnen am normalen Schulalltag – also auch Schwimmunterricht oder Klassenlager – teilnehmen. Das müssen wir aber auch hart durchsetzen.» Bei Lehrpersonen hingegen sei klar, dass diese an öffentlichen Schulen als Repräsentanten des Staates auf das Tragen eines Kopftuchs verzichten müssten.

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