Die Umweltorganisation «Greenpeace» will heute in Berlin erstmals Vertragsunterlagen aus den TTIP-Verhandlungen veröffentlichen. Sie sind so geheim, dass selbst die Politiker, die darüber entscheiden sollen, keine Kopien erhalten, sie nur kurzzeitig in Räumen der US-Botschaft einsehen können.
TTIP ist ein Vertrag, der die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU grundlegend neu regeln soll. Über die Details war seit langem spekuliert worden, verschiedene deutsche Medien, darunter die «Süddeutsche Zeitung», bestätigen diese nun.
Verbraucherschutz: Die EU soll das US-Modell übernehmen, nach dem Produktverbote aus gesundheitlichen Gründen erst möglich sind, wenn jemand zu Schaden gekommen ist. In der EU ist das bisher schon wegen möglicher Risiken üblich. Beispiele: Hormonfleisch, genveränderte Nahrung.
Exporte: Die USA drängen darauf, dass die EU mehr US-Agragrodukte wie Fleisch und Zucker abnimmt. Bei Weigerung droht sie, einen der wichtigsten Wirtschaftszweige mehrerer europäischer Länder zu blockieren - den Export von Autos und Autoteilen. Aber auch Käse und Wein aus der EU.
Investorenschutz: Die USA möchten bei Rechtsstreitigkeiten nicht mehr den Weg über öffentliche Gerichte gehen, sondern private Schiedsgerichte für Konzernklagen eingerichtet sehen. Das würde juristische und politische Entscheidungen (Grundsatzurteile) in diesem Bereich privatisieren.
Austausch: Laut dem Vertrag sollen sich europäische und amerikanische Behörden über gesetzliche Pläne schon austauschen, ehe sie überhaupt formuliert sind. Das würde bedeuten, dass die Gesetzgebung und Regulierung in der EU vorab von den USA beeinflusst werden könnte.
Das erklärte Ziel ist, den Warenfluss in beide Richtungen zu erleichtern, dafür Zölle abzuschaffen, gesetzliche Regelungen zu vereinheitlichen und politische Entscheidungen bereits früh untereinander abzustimmen. Kritiker befürchten einen schwächeren Verbraucherschutz und die Entmachtung der nationalen Parlamente sowie des EU-Parlaments zugunsten der USA und Grosskonzerne.
Die Schweiz ist kein Vertragspartner, wäre aber durch ihre vielfältigen Beziehungen mit der EU - von eigenen Exporten und Importen bis zum Einkaufstourismus - indirekt betroffen. 40 Prozent des Welthandels würde durch den Vertrag neu geregelt, der dieses Jahr unterschrieben werden soll. Die Verhandlungen laufen seit 2012 und, das ein häufiger Kritikpunkt, grösstenteils geheim.