Familiennachzug im Asylbereich
So viele Personen kamen im letzten Jahr

Bürgerliche Politiker wollen den Familiennachzug im Asylbereich einschränken. Allerdings: Insgesamt ist der Zustrom in diesem Bereich relativ bescheiden.
Publiziert: 22.02.2016 um 07:53 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 07:20 Uhr
Ruedi Studer

Fast 40'000 Asylgesuche wurden letztes Jahr in der Schweiz eingereicht – und auch für dieses Jahr rechnet der Bund mit hohen Zahlen. Insbesondere um den Zustrom eritreischer Flüchtlinge gehen die Wogen hoch. Bürgerliche Politiker wollen den Flüchtlingszustrom senken – zum Beispiel über eine Beschränkung des Familiennachzugs.

So fordert der Kanton Luzern mit einer Standesinitiative, dass Dienstverweigerern – insbesondere aus Eritrea – nicht mehr der Flüchtlings-, sondern bloss der Schutzstatus zugesprochen wird. Damit soll auch das Recht auf Familiennachzug entfallen. Und die SVP möchte vorläufig Aufgenommenen das Recht auf Familiennachzug gleich gänzlich streichen.

2555 Kinder und 735 Erwachsene

Doch wie gross ist die Problematik wirklich? 

BLICK liegen die neusten Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) vor. Diese zeigen: Der Familiennachzug bei anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen macht nur einen relativ kleinen Teil des Flüchtlingszustroms aus. Im Jahr 2015 profitierten insgesamt 3290 Personen von einer Familienzusammenführung. Dabei handelt es sich um 2555 Kinder (bis 17 Jahre) sowie 735 Erwachsene.

Allerdings haben sich die Zahlen seit 2010 verdoppelt. Damals wurden 1572 Familienmitglieder nachgezogen. «Die Anzahl Familiennachzüge korreliert direkt mit der absoluten Zahl der Asylgesuche und der Asylgewährungen», erklärt SEM-Sprecherin Léa Wertheimer den Anstieg.

Am meisten kommen aus Eritrea

In den letzten sechs Jahren lag jeweils Eritrea als Herkunftsland an der Spitze. So auch im vergangenen Jahr mit 1276 Personen. Dahinter folgen Syrien mit 664 und Sri Lanka mit 545 Personen. Die Zahl der Syrer stieg in den letzten beiden Jahren markant an. Nicht ohne Grund, wie Wertheimer weiss: «Die Schweiz hat für Syrer in zwei Aktionen erleichterte Visa für Familienzusammenführungen erlassen.»

Beim Familiennachzug stehen die Eritreer als Herkunftsland an der Spitze. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Was auffällt: Der Familiennachzug wird praktisch nur anerkannten Flüchtlingen gewährt. Sie machen mit 3218 Personen – und damit 98 Prozent – den Löwenanteil aus. Anerkannte Flüchtlinge haben nämlich grundsätzlich ein Anrecht auf einen sofortigen Nachzug von Ehe- und eingetragene Partnern sowie minderjährigen Kindern. «Sie werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen», so Wertheimer. Für hier geborene Flüchtlingskinder muss zudem jeweils ein spezielles Gesuch gestellt werden.

Tiefe Zahlen bei vorläufig Aufgenommenen

Bei vorläufig Aufgenommenen profitierten nur gerade mal 72 Personen vom Familiennachzug. 2010 waren es sogar nur 6 Personen. Grund: Die Hürden sind hier viel höher. Für vorläufig Aufgenommene gilt nämlich eine Wartefrist von mindestens drei Jahren, bevor sie ein Gesuch für Familiennachzug stellen dürfen.

Voraussetzung ist zudem, dass die Personen zusammen wohnen, die Wohnung genügend gross ist und dass die Familie selber finanziell für sich aufkommen kann. Für Sozialhilfebezüger ist der Familiennachzug damit ausgeschlossen.

Verdoppelung seit 2010

Wie sich die Zahlen in den letzten Jahren entwickelt haben, zeigt folgende Liste zu den Familienzusammenführungen im gesamten Asylbereich und in den jeweiligen Top-3-Herkunftsländern (in Klammer jeweils die Anzahl bei vorläufig Aufgenommenen):

2010: 1572 (6) – Eritrea 846 (0), Türkei 133 (0), Sri Lanka 98 (0)

2011: 1719 (12) – Eritrea 1051 (0), Türkei 81 (0), Somalia 78 (0)

2012: 1580 (13) – Eritrea 878 (2), Türkei 105 (0), Syrien 84 (0)

2013: 2337 (34) – Eritrea 1518 (13), Somalia 158 (2), Syrien und Türkei je 98 (0)

2014: 2928 (37) – Eritrea 1401 (7), Syrien 410 (1), Sri Lanka 240 (11)

2015: 3290 (72) – Eritrea 1276 (12), Syrien 664 (3), Sri Lanka 545 (11)

Da auch dieses Jahr mit einer hohen Anzahl von Asylgesuchen gerechnet wird, dürfte der Familiennachzug wieder in einem ähnlich hohen Bereich liegen. Wertheimer sagt aber: «Prognosen sind insgesamt schwierig, da die Lage sehr volatil ist.» Der Familiennachzug hänge eng mit der Zahl und der Zusammensetzung der Asylgesuche zusammen. «Wie sich diese künftig entwickeln, lässt sich heute nicht sagen.»

Kleiner Teil des Familiennachzug-Kuchens

Anzumerken bleibt auch noch, dass der Familiennachzug im Asylbereich vergleichsweise einen nur sehr bescheidenen Teil des ganzen Familiennachzug-Kuchens ausmacht: Die ständige ausländische Wohnbevölkerung wuchs aufgrund des Familiennachzugs im letzten Jahr um 46'607 Personen – wobei knapp 26'000 aus EU/Efta-Staaten stammen.

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