Frank A. Meyer
Denken verboten

Publiziert: 22.11.2015 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:55 Uhr

Simonetta Sommaruga warnt vor «antimuslimischen Reflexen». Recht hat sie, die BundesprÀsidentin. Nach dem Massaker von Paris können Reflexe nicht die Antwort sein.

Doch wie wÀrs mit Reflexion?

Und wie steht es mit Reflexion bei der gescheiten sozialdemokratischen Justizministerin selbst? «Eine Religion ist nie das eigentliche Problem. Es wÀre ein fataler Fehler, die grausamen Taten einer ganzen Glaubensgemeinschaft zuzuschreiben», erklÀrte sie. 

Frank A. Meyer
Foto: Antje BerghÀuser

Die zwei SĂ€tze sind allerdings ebenfalls nur ein Reflex: der klassische linke Reflex, wann immer muslimische Schrecken die westliche Gesellschaft erschĂŒttern.

So war es auch Anfang des Jahres, nach der Tötung von elf Redaktoren der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» sowie dem Mord an vier Juden in einem Pariser Supermarkt: Da eilte Deutschlands sozialdemokratischer Justizminister Heiko Maas reflexartig an die StĂ€tte, die ihm fĂŒr demonstrative SolidaritĂ€t geeignet schien.

Eine Synagoge? Nein, in die Moschee!

Das Mantra der Linken lautet nun mal: Islamischer Terror hat nichts mit dem Islam zu tun.

Doch wo leben die Genossen eigentlich? Mord und Totschlag im Namen Allahs, Furcht und Schrecken im Namen der Scharia verheeren ganze Nationen von Afrika ĂŒber den Nahen Osten bis nach Asien, fordern seit Jahren immer wieder Dutzende, sogar Hunderte von Todesopfern in den westlichen Demokratien. Und das alles hat nichts mit dem Islam zu tun?

Ja hat der Islam ĂŒberhaupt etwas mit dem Islam zu tun?

Die islamkritische Publizistin Necla Kelek schrieb jĂŒngst in der «Neuen ZĂŒrcher Zeitung»: «Muslime in aller Welt sind entsetzt darĂŒber, was in ihrem Namen passiert. Aber sie tun nicht wirklich etwas, um ihren Glauben von der politischen Ideologie zu befreien. Man distanziert sich nicht von Versen des Koran, die zu Mord an AndersglĂ€ubigen aufrufen. Es gibt keine Theologie, die die Rolle des Propheten als Kriegsherr hinterfragt. Weil der Islam alles sein kann, ist er das, was in seinem Namen geschieht. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Anders gesagt: Der Islam ist, was er ist, und nicht das, was man ĂŒber ihn sagt oder sich von ihm ertrĂ€umt.»

Noch etwas mehr Reflexion gefĂ€llig? Zum Beispiel aus der Feder von Jasmin El Sonbati, MitbegrĂŒnderin des Forums fĂŒr einen fortschrittlichen Islam, zu lesen ebenfalls in der NZZ: «Unsere Lehrerschaft, unsere Rechtsgelehrten verbieten uns, Fragen zu stellen, die berĂŒchtigten roten Linien zu ĂŒberschreiten. Eine GrenzĂŒberschreitung ist schnell ausgemacht, davon zeugt der Fall des saudischen Bloggers Raif Badawi. Er wagte es, ohne dem Islam abzuschwören, fĂŒr Gewissensfreiheit einzustehen. DafĂŒr sitzt er im GefĂ€ngnis und wird einmal pro Woche ausgepeitscht. Saudiarabien, die Wiege des Islams, brachte im 18. Jahrhundert das Schlechteste hervor, das der Islam zu bieten hat, den menschenverachtenden Wahhabismus. Seit Jahrzehnten predigen muslimische Geistliche an Schulen, UniversitĂ€ten, in der Quartiermoschee von nebenan, auf FernsehkanĂ€len genau das, was am Islam so abstossend ist: Gewalt, Intoleranz, Hass. Gegen Frauen, AndersglĂ€ubige, Christen, Juden, den verdorbenen Westen. Diese radikale Lesart ist nach Europa ĂŒbergeschwappt. Der muslimische Mensch muss sich den Spiegel vorhalten und genau hineinschauen. Er muss lernen, fĂŒr sich selber zu denken und sich von religiöser Bevormundung zu befreien.»

Zur Reflexionsverweigerung gehört auch der Reflex, der FlĂŒchtlingsstrom habe nichts mit dem islamischen Fundamentalismus zu tun. Ein weiteres linkes Mantra lautet: FlĂŒchtlinge sind gut, bereichern sie doch unsere Kultur und Ökonomie. Kritiker dieser sogenannten Willkommenskultur dagegen sind schlecht, fördern sie doch Rassismus und Rechtsextremismus.

Ja, so einfach ist das. Ist es wirklich so einfach?

Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet die aktuelle Migrationswelle mit grosser Sorge: Erstens entstammten alle Islamisten im Westen einer Generation mit Integrationsschwierigkeiten, wie sie den muslimischen Neuankömmlingen noch bevorstĂŒnden. Diese nĂ€chste Migration – so sind die Geheimdienstler zu verstehen – berge deshalb Ă€hnliche Gefahren. Zweitens sei ein Grossteil der FlĂŒchtlinge nicht lediglich Opfer von Kampfhandlungen, sondern auch selbst am BĂŒrgerkrieg in den HerkunftslĂ€ndern beteiligt gewesen, also im Umgang mit Waffen geĂŒbt. Drittens handele es sich in der Mehrzahl um orthodoxe Muslime, die den Kontakt zu arabischen Moscheegemeinden suchten, welche wiederum von Saudi-Arabien aus finanziert und indoktriniert seien.

Fazit der deutschen VerfassungsschĂŒtzer: Gegensteuer geben kann nur, wer das Problem erkannt hat.

Wer erkennt es? Wer benennt es? Wer gibt Gegensteuer?

Der Walliser SVP-Staatsrat Oskar Freysinger reiste vor wenigen Wochen nach Essen, um vor der rechtspopulistischen Partei «Alternative fĂŒr Deutschland» (AfD) eine Rede zu halten, in der er sich unter anderem mit der Migration aus islamischen LĂ€ndern befasste. Freysinger erklĂ€rte: «Da kommt ein Mensch zu uns, der von Kindsbeinen an gelernt hat, sich einem göttlichen, direkt vom Paradies auf seinen Propheten niedergegangenen Gesetz zu unterwerfen – und wir verlangen von ihm, dass er diesem weniger Wert beimessen soll als unseren fluktuierenden, von Menschen verfassten Gesetzen. Wen wunderts, wenn er mit UnverstĂ€ndnis reagiert. Sein Bild der Frau, des Staates, sein Konzept von religiöser Toleranz, von Erziehung, von Justiz – er muss alles in Frage stellen und sich mit völlig neuen Wertvorstellungen identifizieren, die ihm einerseits Grenzen auferlegen und andererseits Freiheiten bieten, die er gar nicht will und die ihn verunsichern. Seine Situation wird dadurch völlig paradox. Mit einem Bein steht er in der Moderne; mit dem anderen ist er irgendwo zwischen der Antike und dem Mittelalter stecken geblieben.»

Was ist der linke Reflex auf eine solche Rede, was das Mantra? Rechtspopulisten können unmöglich recht haben – selbst wenn sie nur behaupten, eins und eins ergebe zwei.

Intelligente Reflexion ĂŒber das Thema der islamischen Migration, wie von Oskar Freysinger formuliert, sind an keiner linken Versammlung, an keinem sozialdemokratischen, an keinem grĂŒnen Parteitag denkbar. Sie sind verboten.

Was hat der linke Reflex, was hat das linke Mantra mit der Migrationsmisere zu tun? Was kann die Linke fĂŒr die Erfolge der Rechtspopulisten?

NatĂŒrlich nichts.

Nichts hat mit nichts zu tun.

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