Herr Bundespräsident, Sie haben vor Ihren Treffen mit den chinesischen Spitzenpolitikern gesagt, dass das Freihandelsabkommen mit China «Sand im Getriebe» habe. Exporteure beklagen sich über mühsame Produktekontrollen – trotz Vertrag. Konnte Ihr Besuch in dieser Frage etwas bewegen?
Johann Schneider-Ammann: Lassen wir uns das Freihandelsabkommen nicht schlechtreden. Es bringt vielen Firmen tiefere Zölle. Und vergessen wir nicht: Wir haben auch in der Schweiz aufwendige Vorschriften, zum Beispiel eine Lebensmittelkontrolle, die ist für ausländische Firmen auch einzuhalten. Entsprechende Vorschriften gibt es in China, viele hängen aber nicht direkt mit dem Freihandelsabkommen zusammen. Die Erwartungen daran waren in gewissen Kreisen zu hoch. Es regelt vor allem die Zölle und kann nicht alle Hindernisse beseitigen.
Schweizer Firmen sprechen dennoch von Schikane.
Es funktioniert sicher noch nicht in allen Fällen perfekt. Wir prüfen jedes Problem, das uns gemeldet wird, und haben für viele auch schon Lösungen gefunden.
Kommen wir zurück zu China. Am Freitag fand der Höhepunkt Ihres Präsidialbesuches statt: der Empfang beim chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. Wie tritt man einem solchen Mann gegenüber?
Ich habe mir gesagt: Du bist der Bundespräsident der Schweiz. Wir haben Interesse an der Zusammenarbeit in vielen Bereichen. Wir haben Interesse am chinesischen Markt. Die Verständigung zwischen den beiden Völkern ist mir sehr wichtig. So habe ich mich dann verhalten. Jede Seite konnte die Themen auf den Tisch bringen, die ihr wichtig sind. Das Fazit ist klar: Wir waren auf Augenhöhe. Wir mussten uns kein Diktat gefallen lassen. Ich habe gemerkt, dass Xi Jinping eine hohe Achtung vor der Schweiz hat, besonders als Technologie-Standort.
Er löst Herausforderungen zuweilen gewalttätig – kein Land richtet mehr Menschen hin als China. Unter Xi Jinping nahm die Repression gegen Oppositionelle zu.
Ich gehöre schon seit 1987 zu denen, die sagen: Wenn man mit den Asiaten Handel treibt, ist jedes Geschäft eine Herausforderung, Transparenz zu schaffen. Und Transparenz führt zu Korrektur und Anpassung von Werthaltungen. Da ist in China seither sehr viel passiert. Auch dank dem Handel mit dem Westen. Die heutige Situation ist von aussen schwer zu beurteilen. Ich habe im Gespräch mit Präsident Xi betont, dass die Einhaltung der Menschenrechte für die Schweiz ein wichtiges Thema ist.
Publik gewordene Offshore-Konstrukte in Panama machen weltweit Schlagzeilen. Müssen wir die Branche stärker regulieren?
Wir wissen noch zu wenig über diese Panama Papers. Wir haben Regelungen und diese sind einzuhalten. Die Regelungen haben sich geändert. Mit der Erfahrung der Finanzkrise von 2008 haben wir die internationalen Regeln übernommen, bis hin zum automatischen Informationsaustausch. Im Wissen, dass alle wesentlichen Konkurrenten dasselbe machen. Daher gehe ich als Wirtschaftsminister davon aus, dass für alle die gleichen Rahmenbedingungen gelten und es in diesem Fall noch Nachholbedarf gibt.
Haben Sie grundsätzlich Verständnis für Firmen oder Private, die auf diesem Weg Geld sparen? Ihre einstige Firma hat ja auch versucht, Steuern zu optimieren.
Klar, dass Sie darauf zu sprechen kommen. Meine damalige Firma hat der Steuerverwaltung jedes Jahr alles offengelegt, und nie wurde etwas beanstandet. Ich habe den Anspruch, dass ich mir absolut nichts habe zuschulden kommen lassen. Ich bin innerorts 50 gefahren, als 50 erlaubt war.
Sie verstehen also das Verhalten dieser Leute?
Das ist eine Diskussion, die sehr gründlich geführt werden muss. Klar ist, dass das Gesetz eingehalten werden muss, da gibt es keinerlei Diskussion. Ich verstehe einen gewissen Unmut. Ein Aspekt ist allerdings, dass Firmen im Abseits stehen, wenn sie die gesetzlich erlaubten Spielräume nicht nutzen dürfen und andere Firmen dies tun.