Erneuerbare Energien
Drei AKW sind schon ersetzt

Eine neue Studie zeigt: Schweizer Energieversorger haben im Ausland massiv in sauberen Strom investiert. Zusammen mit den Zubauten im Inland sind schon die Hälfte der AKW-Produktion ersetzt. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen ist trotzdem skeptisch.
Publiziert: 07.09.2016 um 22:05 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:46 Uhr
Die drei ältesten AKW der Schweiz – im Bild Beznau – sind bereits durch erneuerbare Energien ersetzt worden, sagt eine neue Studie
Foto: KEY
Matthias Halbeis

Es ist das nächste grosse Ding in der Schweizer Politik, mit dem sich das Parlament in der Herbstsession beschäftigt: Die Energiestrategie 2050 und der damit verbundene Atomausstieg. Darum gilt die Atomausstiegs-Initiative der Grünen, die am 27. November 2016 zur Abstimmung kommt, als wichtiger Test.

Wichtiges Argument der Gegner eines Ausstiegs war bisher immer die Versorgungssicherheit. Jetzt zeigt eine Studie des Vereins Energie Zukunft Schweiz (EZS), die BLICK vorliegt, dass die Versorgungslücken bisher womöglich überzeichnet worden sind.

6,5 Terawattstunden im Ausland

Der Verein, dem vor allem städtische Energieversorger und Organisationen angehören, die Energieeffizienz fördern und erneuerbare Energien ausbauen, kommt nämlich zum Schluss, dass dank Investitionen von Schweizer Energieversorgern und institutionellen Anlegern im In- und Ausland heute schon mindestens die drei ältesten Atomkraftwerke Beznau 1 und 2 sowie Mühleberg ersetzt worden sind.

Allein die Kapazität der Anlagen, welche durch das Förderinstrument KEV – der kostendeckenden Einspeisevergütung – gefördert wurden, belaufen sich auf 3,4 Terawattstunden erneuerbare Energie. Dank Anlagen, welche durch Schweizer Energieversorger im Ausland gebaut oder durch Beteiligungen kontrolliert werden, kommen schon mehr als 6,5 Terawattstunden dazu – vorwiegend aus Windkraftanlagen.

Gemäss den Studienverfassern verzeichnete die Stiftung KEV bis Ende Juni 2016 Finanzierungsentscheide für inländische Anlagen für weiter 3,8 Terawattstunden Jahresproduktion. Und: Projekte für weitere 6,4 Terawattstunden befinden sich auf der sogenannten KEV-Warteliste.

«Im Inland wäre viel mehr möglich»

Stefan Batzli von der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz AEE Suisse, die bei EZS Mitglied ist, sieht sich bestätigt: «Wir sind mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien auf Kurs, auch wenn im Inland viel mehr möglich wäre.»

Stefan Batzli

Damit sei ein geordneter Atomausstieg möglich. Nun müsse die Politik aber endlich die Handbremse lösen. «Es ist schon schade, dass Schweizer Unternehmen die sieben Milliarden Franken im europäischen Ausland investieren mussten, weil die Rahmenbedingungen bei uns nicht stimmen.» Widerlegt sei auch die Behauptung, dass die Schweiz mit einem Atomausstieg abhängig von dreckigem Kohlestrom aus Europa werde.

Zur Erinnerung: Die Schweiz muss mittelfristig ihre fünf Atomkraftwerke ersetzen, sollte die vom Bundesrat vorgeschlagene Energiestrategie 2050 durchkommen. Die AKW lieferten vergangenes Jahr 22 Terawattstunden Strom und deckten damit etwa einen Drittel des Strombedarfs. Schon heute muss die Schweiz jedoch zur Überbrückung von Bedarfsspitzen ausländischen Strom importieren – meist aus französischen Atomkraftwerken.

Kritik von FDP-Wasserfallen

FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, der mit der Skepsis gegenüber der Energiestrategie 2050 von CVP-Energieministerin Doris Leuthard nicht zurückhält, kritisiert die Studie: «Die reine Auflistung der erwarteten Produktionsmenge oder der summierten Produktionsmenge ist kein Kriterium.» Strom müsse immer soviel im Netz vorhanden sein, wie gerade verbraucht werde.

FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen gehört zu den schärfsten Kritikern der Energiestrategie 2050.
Foto: KEY

«Solar- und Windenergie sind niemals in der Lage, eine Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten – gerade im Winterhalbjahr nicht», sagt Wasserfallen. Und: Mehr als 50 Prozent der angemeldeten Photovoltaik-Projekte bei der KEV würden nicht realisiert. Wasserfallens Fazit: «Wenn man die Schweizer Stromversorgungssicherheit stärken will, müssen viel mehr Wasserkraftwerke gebaut werden.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?