Ems-Chefin will nach Bundesbern
So tickt Martullo-Blocher politisch

«Für Bundesbern fehlt mir schlicht die Zeit», sagte Magdalena Martullo-Blocher (45) am 7. Februar im Blick-Interview. Jetzt will sie Nationalrätin werden. Wie tickt sie sonst?
Publiziert: 20.04.2015 um 19:40 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:30 Uhr
Von Peter Hossli

Antworten liefern Aussagen, die sie von Juli 2012 bis Februar 2015 in mehreren Interviews mit Blick und SonntagsBlick gab.

Was macht sie besser als der Vater?

Sie will nicht einfach Tochter des berühmten Vaters sein. «Ich mache es so, wie ich es richtig finde, viel konnte ich von ihm gar nicht lernen.» Nur drei Jahre habe sie an seiner Seite gearbeitet. «Er zog sich ja auf die Finanzen und die Steuern zurück, und ich habe das Geschäft ohne ihn geführt.»

Bauern für den freien Handel opfern?

«Die Schweizer Landwirtschaft ist hoch subventioniert, sie bringt der Schweiz unter dem Strich keine Wertschöpfung.» Die Bauern sollten der Industrie bei Freihandelsabkommen nicht im Wege stehen. «Um die Landwirtschaft zu finanzieren, braucht es eine blühende Exportwirtschaft.»

Mutter dreier Kinder und CEO eines Weltkonzerns

«Sie [die Kinder] gehen zu Fuss in die öffentliche Schule. Mein Mann schaut, dass sie rechtzeitig und parat das Haus verlassen.»

Unternehmer in der Politik

«Meine Hauptaufgabe liegt im Unternehmen. In den meisten Ländern sind Politiker keine Unternehmer. Obama führt keinen Konzern.»»

Die Frauenquote

«Ich bin gegen jegliche Quoten, nicht nur gegen Frauenquoten. Ich ziehe Freiheit vor.»

Deutsche in der Schweiz

«Kommen Deutsche in einem Bereich gehäuft vor, findet keine Integration statt, dann ist das schlecht. Es gibt etwa immer mehr deutsche Presse­sprecher in der Schweiz. Viele fragen sich, warum Deutsche sie informieren und belehren.»

Die Arbeit im Bundeshaus

«Wie in Bern heute Politik gemacht wird, damit komme ich schlecht zurecht. Ich rege mich zu sehr auf über die politische Misere, über Unkenntnis und Arroganz in Bern. Die wichtigen Belange werden nicht in Bern, sondern vom Volk beschlossen.»

Provinzielle Politiker

«Es ist nicht mehr angebracht, dass wir Politiker haben, die kaum Englisch können. Die nie in die Welt gereist sind, bevor sie ein Amt antreten. Politiker müssen über Europa hinausschauen können.»

Offshore-Gesellschaften

«Wir sind ebenfalls ein internationaler Konzern. Auch wir haben Offshore-Gesellschaften. Wir brauchen sie für die Finanzierung unserer Tochtergesellschaften. Dafür haben wir Spezialisten vor Ort angestellt. Es gibt Länder, die für gewisse Tätigkeiten attraktiver sind als die Schweiz, auch steuerlich. Dann ist es doch normal, dort eine Gesellschaft einzurichten. Das Geld verdienen wir im Ausland, weshalb sollen wir es in der Schweiz versteuern? Bei der Ems zahlen wir aber schon überproportional – über die Hälfte – viel Steuern in der Schweiz. Es ist heuchlerisch zu verlangen, ein Konzern müsse dort hingehen, wo er am meisten Steuern zahlt. Das macht auch keine Privatperson. Gerade die Schweiz profitiert davon.»

Steuerstandort Schweiz

«Wir müssen den Angriffen auf unsere Steuervorteile standhalten. Weder für den Staat noch für Unternehmen sind hohe Steuern gut. Solange der Staat die Grundleistung finanzieren kann, sollten Steuern möglichst tief sein. So zieht man auch erfolgreiche Firmen mit hohen Gewinnen an.»

Finanzbranche vs Industrie

«Leider wird die grosse Bedeutung der Arbeitsplätze der Industrie oft vergessen. Die Industrie ist nun mal bedeutender als die Finanzbranche.»

Die Umsetzung der Masseinwanderungsinitiative

«Die Schweiz darf sich von der EU nicht vorführen lassen», sagt Martullo. Was, wenn die EU die Bilateralen aufkündigen würde? «Auch damit könnte die Schweiz leben. Es gibt viele Drohungen und Behauptungen in Brüssel. Wir haben mehr Stärken als wir meinen. An vielen Orten ist die EU von uns abhängig.»

Euro-Franken-Mindestkurs

«Dauerhaft können wir uns nicht an den Euro binden. Die Differenz würde die Nationalbank bezahlen – also wir alle. Das geht nicht. Eine starke Währung hat Vorteile. Wir können uns mehr leisten. Die Preise sinken. Die Schweizer Nationalbank ist seriös und unabhängig. Die Aufhebung des Mindestkurses verdient als Entscheid, und wie es kommuniziert wurde, meinen grossen Respekt.»

Wo steht der Euro Ende 2015?

«Wahrscheinlich eher bei 1.00 als bei 1.20 – oder noch tiefer.»

Die Aufgabe des Staats

«Der Staat ist im Auftrag der Bürger tätig. Er muss seine Aufgabe effizient erledigen. In den letzten Jahren hat der Staat zum Beispiel acht Prozent mehr Verwaltungsbeamte eingestellt, während die Wirtschaft effizienter wurde. Nun muss auch der Staat zurückstecken, gerade bei der aktuellen Währungssituation.»

Die Aufgabe des Bundesrats

«Verantwortung übernehmen. Klarheit und gute Lösungen bringen bei den internationalen Themen. Bilaterale und Einwanderungsinitiative umsetzen. Tiefe Steuern für Firmen sicherstellen. Die Energievorlage einstellen, da sie hohe Kosten bringt. Die Ausgaben und die Anzahl Beamte kürzen.»

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