Empörung über Hymnenschande am Cupfinal
Schweigst im Morgenrot daher

Die Basel- und Sion-Spieler durften am Cupfinal den Schweizerpsalm nicht singen. Sportler und Politiker sind empört über den Entscheid des Fussball-Verbands.
Publiziert: 26.05.2017 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 14:04 Uhr
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«Es ist wirklich schade. Ich respektiere den Entscheid, aber bedaure ihn», sagt Bundesrat Guy Parmelin, der den Match live mitverfolgte.
Foto: CYRIL ZINGARO
Cinzia Venafro, Alain Kunz, Michael Wegmann, Simon Marti

Kein Morgenrot, kein Strahlenmeer – dafür Riesenzoff! «Wir standen vor dem Handshake da und warteten auf die Hymne», erzählt Vero Salatic. Der Sion-Fussballer wurde wie seine Kollegen und die Zuschauer enttäuscht: Vor dem Anpfiff des Cupfinals zwischen dem FCB und dem FC Sion blieb es am Donnerstag still im Stade de Genève.

Erstmals in der Geschichte des Fussball-Knallers erklang keine Nationalhymne, sangen keine Spieler und Fans den Schweizerpsalm. Grund: Vor einem Jahr störten Randalierer mit Johlen und Böllern im Zürcher Letzigrund den feierlichen Akt.

Deshalb verordnete der Schweizerische Fussballverband (SFV): Diesmal gibts keine Hymne! «Wir schützten unsere Nationalhymne vor Pfiffen, Zwischen- und Buhrufen», begründet SFV-Medienchef Marco von Ah. «Manchmal muss man ein Zeichen setzen, um zum Nachdenken anzuregen.»

Dieser Entscheid stösst bei FDP-Nationalrat Thierry Burkart (AG) auf völliges Unverständnis. «Das ist ein Armutszeugnis des Verbandes. Die kapitulieren vor vaterlandslosen Gesellen! Unfassbar. Ein feiges, rückgratloses Einknicken ist das», sagt der Goalie des FC Nationalrat. «Wir müssen mutiger sein und halt versuchen, standhaft lauter zu singen, als diese paar Idioten pfeifen.»

Erstaunlich für die sonst stets patriotische Partei: SVP-Nationalratspräsident und Sportfunktionär Jürg Stahl war «in den Entscheid, die Hymne zu streichen, involviert», wie er zugibt. «Damit die wahren Fans endlich kapieren, dass sie mehr Einfluss nehmen müssen auf diese Leute, die uns den Sport kaputtmachen wollen.»

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Gestern spielten sie für den FC Nationalrat in Hamburg (D): Matthias Aebischer (SP), Jürg Stahl (SVP), Christian Wasserfallen (FDP) und Beat Jans (SP).
Foto: Blick

Für seine Parteikollegin und Hymnenverteidigerin Yvette Estermann (SVP/LU) ist das Streichen eine «sehr gefährliche Entwicklung! Da kuscht man aus Angst vor Leuten, die sich nicht an die Gesetze halten», so die Nationalrätin.

Auch im linken Politlager vermisste man die singenden Fussballer. «Die Hymne auszupfeifen, ist jenseits, das muss man diesen Leuten deutlich zu verstehen geben», sagt SP-Nationalrat Matthias Aebischer (SP/BE). Er fordert die Vereinspräsidenten und die Fussballstars dazu auf, «die Fans zu erziehen» – das sei bei einem anderen Thema auch gelungen. «In den Achtziger- und Neunzigerjahren war Rassismus in Stadien allgegenwärtig», sagt Aebischer. «Damals hätte man deswegen keine dunkelhäutigen Spieler mehr aufbieten können. Stattdessen hat man mit der Aktion ‹Gemeinsam gegen Rassismus› den Tarif durchgegeben.» Das Gleiche solle man bei der Hymne tun. «Wenn man sie ausbuht, hat man keine Achtung vor der Nation.»

«Trittst im Morgenrot daher» ist zwar erst seit 1981 (nach vielen Einsprachen) offiziell unsere Landeshymne. Aber sie gibt ungezählten Anlässen den würdigen Rahmen, nicht nur am 1. August. Sie kommt bei Feiern zum Einsatz, im Militär, bei internationalen Sportanlässen – und nationalen. Beim Eishockey erklingt sie immer bei den Playoff-Finals und sorgt da regelmässig für Gänsehaut.

Diese fehlte auch Stadiongast Christophe Darbellay. «Die Hymne nicht zu spielen, war völlig falsch», sagt der Walliser CVP-Staatsrat. «Sie ist ein Highlight dieser ganzen Zeremonie. So aber fehlte der Glanz.»

Ins Grübeln kam SVP-Bundesrat Guy Parmelin. «Es ist wirklich schade, dass das Verhalten gewisser Fans den SFV dazu veranlasst, eine solche Entscheidung zu treffen», sagt der Sportminister zu BLICK. Er war im Stadion dabei. Er «bedaure es sehr», dass der Cupfinal – «unser grosses Fussballfest» – ohne Hymne stattfinden musste.

Ein Affront ist das Weglassen für Sion-Präsident Christian Constantin. «Diese Kapitulation geht gar nicht. Ich hätte das nie gemacht», sagt er. Er ist sich sicher: «Ein Walliser pfeift die Hymne niemals aus.»

Trittst uns in den Hintern

Die Nationalhymne. Als Ausdruck des National- und Staatsbewusstseins ist sie neben der Flagge für ganz viele Leute ein ganz wichtiges Symbol. Gerade bei Sportveranstaltungen wie dem Schweizer Cupfinal gibt sie dem Anlass einen würdigen und festlichen Rahmen. Das schätzen auch die Sportler.

Denn gerade der Sport ist prädestiniert, einen gesunden Patriotismus zu leben, ohne sofort in die rechte Ecke gedrängt zu werden. Die Menschen schätzen in dieser globalisierten Welt eine gewisse Orientierung. Auch wenn sie, wie in diesem Fall, nur symbolhaft ist.

Aber jetzt macht der Fussballverband in vorauseilendem Gehorsam den Bückling vor einigen wenigen «Fans», die bei der Hymne pfeifen könnten. Typisch schweizerisch: Nur nicht anecken, nur keine Minderheit auch nur ansatzweise vor den Kopf stossen! Was die Mehrheit wünscht, ist egal.

Dieses Kuschen vor einigen wenigen ist ein ganz schlechtes Zeichen. Eine Tradition einfach mit einem Handstreich zu beerdigen, ist ein Unding.

Wer beim Schweizer Cupfinal die Schweizer Hymne nicht hören will, der soll zu Hause bleiben. Schon zu viele Fussballklubs kuschen vor irrlichternden Stadionbesuchern.

«Trittst im Morgenrot daher», hätten wir eigentlich hören wollen. Stattdessen heisst es jetzt: «Trittst uns in den Hintern, lieber Fussballverband.»

Die Nationalhymne. Als Ausdruck des National- und Staatsbewusstseins ist sie neben der Flagge für ganz viele Leute ein ganz wichtiges Symbol. Gerade bei Sportveranstaltungen wie dem Schweizer Cupfinal gibt sie dem Anlass einen würdigen und festlichen Rahmen. Das schätzen auch die Sportler.

Denn gerade der Sport ist prädestiniert, einen gesunden Patriotismus zu leben, ohne sofort in die rechte Ecke gedrängt zu werden. Die Menschen schätzen in dieser globalisierten Welt eine gewisse Orientierung. Auch wenn sie, wie in diesem Fall, nur symbolhaft ist.

Aber jetzt macht der Fussballverband in vorauseilendem Gehorsam den Bückling vor einigen wenigen «Fans», die bei der Hymne pfeifen könnten. Typisch schweizerisch: Nur nicht anecken, nur keine Minderheit auch nur ansatzweise vor den Kopf stossen! Was die Mehrheit wünscht, ist egal.

Dieses Kuschen vor einigen wenigen ist ein ganz schlechtes Zeichen. Eine Tradition einfach mit einem Handstreich zu beerdigen, ist ein Unding.

Wer beim Schweizer Cupfinal die Schweizer Hymne nicht hören will, der soll zu Hause bleiben. Schon zu viele Fussballklubs kuschen vor irrlichternden Stadionbesuchern.

«Trittst im Morgenrot daher», hätten wir eigentlich hören wollen. Stattdessen heisst es jetzt: «Trittst uns in den Hintern, lieber Fussballverband.»

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