EDK-Präsident Eymann übt scharfe Kritik an OECD
Schweizer Pisa-Teilnahme vor dem Aus?

Die Schweiz übt scharfe Kritik an der Pisa-Studie: Die neuen Erhebungsmethoden führten zu unbrauchbaren Resultaten. Lenke die OECD nicht ein, stehe die Schweizer Teilnahme auf der Kippe.
Publiziert: 06.12.2016 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:15 Uhr
Mathe top, Lesen Mittelmass. So schneiden Schweizer 15-Jährige in der PISA-Studie ab. (Symbolbild)
Foto: Johannes Simon/ddp
Sermîn Faki

Eigentlich gibt es keinen Grund zu Klagen: Im Rechnen und Naturwissenschaften sind die Schweizer Schüler besser als ihre Gschpändli in den meisten OECD-Staaten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) führt seit dem Jahr 2000 den grössten Lerntest der Welt durch. Beim Lesen schneiden die Schweizer 15-Jährigen zwar nicht ganz so gut ab, finden sich aber immer noch im Mittelfeld. 

Dennoch herrscht in der Schweizer Bildungslandschaft keine Freude an der neuen Pisa-Studie. Für die Experten von Bund, Kantonen und Unis sind die Ergebnisse nämlich nicht aussagekräftig.

3 Millionen Franken Kosten, kein Nutzen

Stefan Wolter, Leiter Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung an der Pisa-Medienkonferenz am Dienstag, 6. Dezember 2016 im Haus der Kantone in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Foto: ANTHONY ANEX

«Wir haben einen grossen Test gemacht und wissen jetzt nicht mehr als vorher», kritisiert Stefan Wolter, Leiter der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung. Und das für 3,3 Millionen Franken, die eine Pisa-Runde für die Schweiz kostet. 

Der Grund dafür liegt bei der OECD, die in der neusten Runde einschneidende Veränderungen am Studien-Design vorgenommen hat. Beispielsweise wurden die Tests erstmals am Computer durchgeführt, früher lösten die Schülerinnen und Schüler die Aufgaben mit Papier und Stift.

Keine Korrekturmöglichkeit

Das neue Vorgehen habe die Ergebnisse verfälscht, so Wolter. Etwa, weil Schüler nur vorwärtsklicken konnten. Sei einem die Lösung einer Aufgabe später eingefallen, habe es keine Möglichkeit gegeben, diese nachzureichen.

«Hinzu kommt, dass wir zu wenig Erfahrung mit Computertests haben», sagt Wolter. «Wir wissen daher gar nicht, was dort gemessen wird.» So sei bekannt, dass Buben mit dem Computer besser zurechtkämen als Mädchen. Möglicherweise haben sie deshalb besser abgeschnitten. «Aber Pisa soll nicht den Umgang mit dem Computer messen, sondern die Fähigkeit, zu lesen und zu rechnen», erklärt Wolter.

Zu viele Ausländer-Kinder

Eine weitere Fehlerquelle ist aus Schweizer Sicht die Stichprobe: Im neuen Test seien mehr fremdsprachige Schüler zum Zug gekommen als in den vorangegangenen Runden. Mit dem Ergebnis, dass die Schweiz diesmal schlechter abgeschnitten hat. 

Die kantonalen Erziehungsdirektoren sprechen daher von einem «massiven Qualitätsproblem», dessen Konsequenzen nicht abzuschätzen seien. 

Schweizer Teilnahme auf dem Prüfstand

Regierungsrat Christoph Eymann (BS), Präsident der EDK, spricht während der Medienkonferenz zur Pisa-Studie, am Dienstag, 6. Dezember 2016 im Haus der Kantone in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Foto: ANTHONY ANEX

Die Schweiz fordert aus diesem Grund ein Umdenken bei der OECD. «Bis zur nächsten Runde 2018 müssen alle Unklarheiten ausgeräumt sein», sagt Josef Widmer, stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation. 

Danach sieht es bisher aber nicht aus. Die OECD lasse alle Kritik an sich abperlen, heisst es in Bern. Wenn das so bleibt, dann steht laut Christoph Eymann sogar die Schweizer Teilnahme an Pisa auf dem Spiel. «Wenn die OECD nicht einlenkt, dann stellt sich Frage, ob wir nach 2018 noch mitmachen», so der Präsident der Erziehungsdirektoren und Basler Nationalrat der Liberalen.

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