Am vergangenen Dienstag sagte die Aussenpolitische Kommission des Ständerates überdeutlich Ja zu einer Motion des SVP-Nationalrates Christian Imark (35, SO). Sie beauftragt den Bundesrat zu verhindern, dass die Schweiz Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterstützt, die «in rassistische, antisemitische und hetzerische Aktionen verwickelt sind». Bereits in der Frühjahrssession hatte der Nationalrat dem Begehren stattgegeben – gegen den erklärten Willen von Bundesrat Didier Burkhalter (56), der betonte, dass Bern schon heute keine derartigen NGOs unterstütze.
Diese Episode wäre nicht weiter der Rede wert, hätte der freisinnige Bundesrat sich im Zusammenhang mit der anti-israelischen Bewegung BDS (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) nicht folgendermassen geäussert: Die Schweiz, so Burkhalter am 8. März in der grossen Kammer, sei nicht verbunden mit Bewegungen des Typs BDS. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, insbesondere mittels Boykottaufrufen gegen israelische Produkte Israel zur Aufgabe der Besetzung der Palästinensergebiete zu zwingen. Manche Beobachter halten BDS für antisemitisch. Der israelische Staatschef Benjamin Netanyahu (67) bezeichnete die Bewegung noch vor zwei Jahren als grösste aktuelle Bedrohung für sein Land. Entsprechend heikel ist es, wenn die Schweiz Organisationen beispringt, die diese Ideologie offen propagieren.
Doch genau dies ist offenbar der Fall – anders als von Burkhalter behauptet. In einer vertraulichen Sitzung von Parlamentariern und Vertretern des EDA unter Beisein von Staatssekretärin Pascale Baeriswyl (49, SP) äusserten sich Vertreter des Departements anders als ihr Chef. BDS widerspreche dem Völkerrecht nicht, erklärte die EDA-Delegation. Das entsprechende Protokoll liegt SonntagsBlick vor. Dort heisst es weiter: «Und da alle palästinensischen NGOs die Prinzipien von BDS teilten, wäre keine Zusammenarbeit mehr möglich.»
Wie kommt es, dass sich EDA-Vertreter und deren Vorsteher innerhalb weniger Tage komplett anders äussern? Noch dazu in einer derart heiklen Angelegenheit? Das Departement wiegelt ab. Es gebe keinen Widerspruch, so eine Sprecherin auf Anfrage. Die Schweiz finanziere keine Boykott-Aktivitäten gegen israelische Produkte. Wie dies mit der Zusammenarbeit mit Organisationen zusammenpasst, die just diese Haltung vertreten, lässt das EDA offen.
Ganz anders tönt es im Parlament. FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (59, ZH), notabene ein Parteikollege Burkhalters und Teilnehmer der Sitzung, sagt: «Dieser Widerspruch ist in der Tat nicht erklärbar.» Es sei stossend, dass der Bundesrat in dieser Angelegenheit keine Transparenz schaffen wolle.
SVP-Nationalrat Christian Imark, durch dessen Vorstoss die Sache überhaupt erst ins Rollen kam, meint: «Die Schweiz hat sich in diesem Konflikt neutral zu verhalten. Wenn wir nun aber derartige NGOs unterstützen, geben wir unsere unparteiische Haltung auf.»
Selbst Linke unterstützen den SVP-Mann in dieser Frage. SP-Nationalrätin Yvonne Feri (51, AG) hält die Äusserung Burkhalters für «problematisch». Sie fordert, Hilfsorganisationen künftig auch ideologisch zu überprüfen. Dazu aber, so die Aargauerin, benötige der Bund zusätzliche Ressourcen.