Doris Leuthard (51) bekommt ein Referendums-Doppelpäckli unter den Weihnachtsbaum gelegt. Das gegen die neue Billag-Regelung steht bereits. Morgen kommt das Referendum gegen die zweite Gotthard-Röhre dazu. Während im Alpenraum Mahnfeuer lodern, gibt das Komitee die Unterschriftenzahl bekannt. Die benötigten 50 000 Unterzeichnenden sind bei weitem zusammen.
Damit ist Verkehrs- und Medienministerin Doris Leuthard am Zug – und plant ein Bubentrickli. Sie kann dem Bundesrat nämlich beantragen, die hochemotionalen Themen im Wahljahr vors Volk zu bringen – oder aber auf 2016 hinauszuschieben. Die Aargauerin will die Vorlagen splitten. Dies bestätigen mehrere mit den Dossiers vertraute Personen. Die Billag soll demnach vor den Wahlen an die Urne, im Juni 2015. Der Gotthard erst im Februar 2016.
Mit diesem Fahrplan tut Leuthard ihrer CVP einen grossen Gefallen. «Uns ist lieber, wenn die Gotthard-Abstimmung erst 2016 kommt. Um alle Abstimmungen und die Wahlkampagne gleichzeitig zu stemmen, sind die Ressourcen extrem knapp», sagt die CVP-Generalsekretärin Béatrice Wertli (38). In der Tat hat die CVP einen arbeitsreichen Sommer vor sich: Sie führt die Nein-Kampagne zur Erbschaftssteuer-Initiative an. Und auch beim Billag-Referendum übernimmt die Mittepartei den Lead, wie Wertli bestätigt.
Der Hauptgrund für die Splittung ist jedoch nicht die Arbeitsbelastung. Sondern Wahltaktik. Politfuchs Leuthard weiss genau: Kommen beide Referenden zusammen vors Volk, dominiert der Gotthard. Die neue Billag-Regelung würde zum Nebenschauplatz – und könnte so schlimmstenfalls bachab gehen.
Deshalb will sich die Magistratin voll auf die Fernseh-Gebühr konzentrieren. Sie argumentiert damit, dass diese bei einem Ja für die allermeisten Bürger von 462 auf rund 400 Franken sinkt. So kann Leuthard ihrer in dieser Frage geschlossenen Partei einen praktisch sicheren Sieg mitten in der heissen Wahlkampfphase verschaffen.
Im Gotthard-Dossier hingegen kann sich die CVP kaum profilieren. In keiner anderen Partei ist der Graben tiefer! Fraktionschef Filippo Lombardi (58) führt das Ja-Lager an; Innerschweizer wie der Luzerner Ständerat Konrad Graber (56) oder der ehemalige Urner Landammann Hansruedi Stadler (61) kämpfen an vorderster Front für ein Nein. Wird dieser Streit erst 2016 ausgefochten, bewahrt Bundesrätin Leuthard ihre CVP vor einer parteiinternen Selbstzerfleischung mitten im Wahljahr.
Leuthards Schachzug ist erlaubt. Denn bei Referenden gibt es keine Frist, innerhalb der sie vors Volk müssen. Fragwürdig ist er aber allemal. Denn gemäss der Homepage des Bundes «wird erwartet, dass der Bundesrat die Referendumsabstimmungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt ansetzt». Dies wird in der Regel auch so gehandhabt.
Es ist deshalb durchaus denkbar, dass der Gesamtbundesrat seine Amtsälteste noch zurückpfeift.