SVP-Nationalrat Roger Köppel gehört zu den schillernden Figuren im neuen Parlament. Doch der «Weltwoche»-Verleger ist bei weitem nicht der einzige Newcomer, dem es in seinem ersten Parlamentsjahr gelungen ist, Profil zu zeigen.
Sie machten von sich reden
Selbst in der SVP wird Köppel überflügelt: Von Madgalena Martullo-Blocher. Wie der Zürcher ist die Unternehmerin als Quereinsteigerin in den Nationalrat gewählt worden. Doch sie ist deutlich einflussreicher.
Während sich Köppel mit einem Sitz in der eher unbedeutenden Aussenpolitischen Kommission begnügen muss, hat Martullo gleich einen Stammplatz in der wichtigen Wirtschaftskommission WAK ergattert. Dass sie sich tief in die Dossiers kniet, wird ihr selbst vom politischen Gegner attestiert.
Auch in anderen Parteien konnten sich Neulinge profilieren. Klare Aufsteigern auf der Linken ist Zürcherin Mattea Meyer. Erst 29, und doch keinesfalls ein jugendliches Leichtgewicht. Insbesondere in der Budgetdebatte hat sie sich mit Dossierkenntnis und rhetorischem Talent hervorgetan.
Auch bei der FDP gibt es einige «Nachwuchshoffnungen»: Da wären der mediengewandte Aargauer Thierry Burkart und die Zürcher Sozialpolitikerin Regine Sauter. Überstrahlt werden beide aber von Hans-Ulrich Bigler. Der Zürcher hat als Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes zweifellos einen Vorteil, nutzt diesen aber auch geschickt, um sein Profil als wirtschaftsliberaler und wertkonservativer Strippenzieher zu schärfen.
Schwieriger wird es, neue Top-Leute in der CVP auszumachen. Das liegt vor allem daran, dass die grosse Erneuerung der Fraktion bereits 2011 stattfand, als mit Leuten wie dem Bündner Martin Candinas, dem Solothurner Stefan Müller-Altermatt und dem Schwyzer Alois Gmür gute Taktierer ins Parlament einzogen.
Wenn es überhaupt tragende neue Stimmen in der CVP-Fraktion gibt, dann finden sich diese im Ständerat. Mit Peter Hegglin (ZG) und Beat Vonlanthen (FR), sind zwei alt Regierungsräte ins Stöckli gekommen, die zwar in der Öffentlichkeit zurückhaltend agieren, in der Fraktion aber als gewichtige Stimmen wahrgenommen werden. Auch Erich Ettlin, Ständerat aus Obwalden, gilt als Nachwuchshoffnung.
Bei den Grünen sieht es nicht besser aus: Die Neuen bekunden offenbar Mühe, in Bern anzukommen. Ausnahmen sind die Nationalrätinnen Lisa Mazzone aus Genf – die jüngste im Rat –, und die kurdischstämmige Sibel Arslan aus Basel, die allerdings entgegen ihren Ankündigungen vor allem als Türkei-Expertin Erscheinung tritt.
Sie haben noch Luft nach oben
Andere Parlamentsneulinge hingegen sind über den Hinterbänkler-Status noch nicht hinausgekommen. Etwa Bruno Walliser von der SVP. Der Kaminfeger aus Zürich ist ein derart unbeschriebenes Blatt, dass ihn längst nicht alle in der Wandelhalle als Nationalrat identifizieren.
Andere SVPler sind hingegen unter den an sie gestellten Erwartungen geblieben. Beispielsweise Claudio Zanetti und Mauro Tuena, ebenfalls aus Zürich. Obwohl beide schon vor ihrer Wahl durch Medienpräsenz national bekannt waren, sind sie im Nationalrat nahezu bedeutungslos. Zanetti twittert immerhin fleissig – obwohl das nicht die Hauptbeschäftigung eines Volksvertreters sein sollte.
Ein ähnliches Bild ergibt sich auf der linken Ratsseite: Als «Internationalrat» hatte Tim Guldimann im Wahlkampf schweizweit Schlagzeilen gemacht. Seitdem ist es ruhiger geworden um den ehemaligen Botschafter mit Wohnsitz in der deutschen Hauptstadt Berlin. Den Tatbeweis, es sich seine diplomatische Erfahrung für die SP auszahlt, ist er bislang schuldig geblieben. Nur einmal konnte er glänzen: Der Kompromiss zur Ratifizierung des Kroatien-Protokolls sei massgeblich auf ihn zurückzuführen, heisst es.
Bei der FDP macht der Thurgauer Unternehmer Hermann Hess keine gute Falle. Er hat bis jetzt keinen einzigen Vorstoss eingereicht und ist auch noch nie ans Rednerpult getreten. Als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission ist sein Einfluss auf neue Gesetze ebenfalls gering. Seinen Wirkungskreis sieht Hess, der von seiner Wahl in den Nationalrat völlig überrascht wurde, offensichtlich vor allem in seinem Heimatkanton am Bodensee.
Anders bei der CVP. Andrea Gmür aus Luzern hat die Wahl wirklich angestrebt und gibt sich, wie Fraktionskollegen beteuern, auch ernsthaft Mühe, etwas zu bewegen in Bern. Die Partei erhofft sich viel von der Geschäftsführerin einer Stiftung für Menschen in Not. Doch in der Öffentlichkeit wird die Bildungspolitikerin noch nicht wahrgenommen.
Mehr erwartet hatten Beobachter auch vom Aargauer Grünen Jonas Fricker. Doch der fiel bisher kaum auf – ausser, als er das erste Mal ans Rednerpult trat. Nicht etwa wegen seines Votums. Nein, Fricker trug einen Pullover – und das gilt auch im Vergleich zum Ständerät lockeren Nationalrat als unangemessen. Fricker wollte das hohe Haus aber nicht geringschätzen, sondern hatte einfach sein Sakko vergessen. Modisch ist also alles in Butter, politisch hat Fricker hingegen noch Luft nach oben.