Der SP-Nationalrat Matthias Aebischer kämpft für ein starkes nationales Radio und Fernsehen
«Die SRG muss Ballast abwerfen»

Der ehemalige SRF-Journalist Mat­thias Aebischer (49) ist ein grosser Anhänger der SRG. Trotzdem findet der ­Berner, sie müsse sich reformieren.
Publiziert: 06.11.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:18 Uhr
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«Die SRG muss gesund in die Zukunft gehen»: Matthias Aebischer
Foto: Keystone
Interview: Matthias Halbeis, Joël Widmer

SonntagsBlick: Die SRG steht im Kreuzfeuer verschiedener Politiker. Leiden Sie als ehemaliger SRF-Mann mit?
Matthias Aebischer: Die SRG war bisher im Parlament gut abgestützt, jetzt bröckeln im Nationalrat die Mehrheiten. Das hat auch damit zu tun, dass es bei FDP und CVP mehr SRG-Gegner gibt. Aber auch in der Bevölkerung hat der Goodwill abgenommen, wie die Billag-Abstimmung 2015 gezeigt hat. Praktisch alle Medien sind SRG-kritisch geworden. Und es gibt Interessenvertreter wie SVP-Natonalrätin Natalie Rickli von Goldbach Media im Parlament, die permanent gegen die SRG schiessen.

Das ist nicht verboten.
Goldbach verkauft unter anderem Werbung an deutsche Sender. Natalie Rickli vertritt direkt diese Interessen. Und die stehen frontal gegen die SRG. Seit die SVP diese ­Positionen übernommen hat, steht sie nicht mehr dafür ein, dass der Werbefranken in der Schweiz bleibt. Nicht sehr schweizerisch!

Das ist jetzt typisch SP: Die SRG macht alles richtig, schuld sind die anderen.
Das stimmt nicht. Ich bin zwar ein grosser SRG-Befürworter. Mehr Schweiz als in der SRG steckt sonst fast nirgends drin. Die SRG ist kulturverbindend, unabhängig, demokratisch und liefert eine hochstehende Qualität. Und sie fördert das demokratische Verständnis. Aber ich sage nicht, dass die SRG alles gut macht. Das schlechtere Image ist zum Teil auch selbst verschuldet.

Inwiefern?
Unter der Führung von Armin Walpen hat sich nicht nur der Lohn des SRG-Direktors nahezu verdoppelt, sondern auch die Anzahl der Sender. Ich habe damals als Mitarbeiter über die neuen Sender alljährlich gestaunt.

Hat man überbordet?
Sagen wir es so: Die SRG muss meines Erachtens nicht weiter wachsen, sondern eher Ballast abwerfen, damit sie besser fliegt. Das ist aber bisher nicht passiert.

War die SRG zu arrogant?
Das ist ein hartes Wort. Sicher aber wäre es wichtig, dass SRF in der Deutschschweiz so nahe bei den Leuten ist wie RTS in der Romandie. Der Wille zum Imagewechsel ist da, doch das alleine reicht eben nicht.

Wo soll die SRG Ballast abwerfen?
Wenn ich sage, dass in den letzten zwanzig Jahren die Cheflöhne und die Anzahl Sender nahezu verdoppelt wurden, dann könnte man sicher in diesen Bereichen ein Zeichen setzen. Nur als Beispiel: In allen Landesteilen betreibt man einen hervorragenden Kultursender, der Klassik und Jazz spielt. Sind dann die Spartensender Swiss Jazz und Swiss Classic wirklich nötig? Ich glaube nicht.

Ist das ein Friedensangebot des SRG-nahen Medienpolitikers an die verärgerten Verleger, die in der Debatte um den Service public kräftig mitmischen?
Es geht nicht um ein Friedensangebot. Die SRG muss wieder ganz nahe bei den Leuten sein. Wenn die Mitteparteien im Verbund mit der SVP jetzt plötzlich Vorstösse durchwinken, welche die Arbeit der SRG in Frage stellen, so zeigt das auch, dass man dort glaubt, dass die SRG noch fitter werden kann. Darum muss Links-Grün konstruktiv mit der Mitte zusammenarbeiten. Und das sage ich als grosser Fan der SRG. Wir müssen es zusammen schaffen, dass die SRG gesund in die Zukunft gehen kann. Das, was die SVP will, liegt nicht im Interesse einer Mehrheit der Schweiz.

Die Verleger wollen die Werbemöglichkeiten der SRG einschränken. Was ist Ihre Position: Soll die SRG auch im Internet Werbung machen dürfen?
Da sage ich klar: Nein.

Soll zudem die Fernsehwerbung eingeschränkt werden?
Auch da sage ich klar: Nein. Man hat mal entschieden, dass die SRG Werbung im TV machen darf. Im Budget von 1,6 Milliarden Franken sind 0,3 Milliarden eingerechnet, die aus Werbung und Sponsoring stammen. Nimmt man ihr diese Gelder ausgerechnet jetzt weg, wo immer mehr Werbung ins Internet wandert, so ist das nicht sehr weise. Darum finde ich auch, dass im Gegenzug die SRG im Internet ­keine Werbung machen darf.

Die Verleger fordern, dass sich die SRG aus der neuen Werbeverkaufsfirma Admeira zurückzieht, die sie zusammen mit der Swisscom und SonntagsBlick-Herausge­berin Ringier gegründet hat. Was finden Sie?
Das ist ein typischer Stellvertreterkrieg. Das Konstrukt wurde unglücklich gestartet. Weil die Verleger nicht dabei sind, nützen sie den Konflikt, um der SRG zu schaden. Dabei ist das Ganze ein sehr innovatives Projekt. Was Ringier, Swisscom und die SRG hier geleistet haben, unterstütze ich hundertprozentig. Es nützt doch allen in der Schweiz, wenn die Werbegelder nicht in die USA oder nach Deutschland fliessen. Und dazu trägt eine solche Firma bei. Doch so lange an der Organisation von Admeira nichts ändert, wird dieser Krieg weitergehen.

Was schwebt Ihnen vor?
Die Schweizer Medienunternehmen müssen die ausländische Konkurrenz gemeinsam bekämpfen. Und darum muss Admeira für alle Verlage gleichberechtigt zugänglich sein. Will man mit dem Projekt Erfolg haben, so muss man alle einbinden. Für mich wäre ein guter Ansatz, Admeira in der jetzigen Phase in eine Art Genossenschaft umzubauen. Zudem sollte man nicht nur den Zugang zur Beteiligung öffnen, sondern auch das Präsidium im Jahres- oder Zweijahresrhythmus wechseln.

Das ist doch heute schon so, es wechselt alle zwei Jahre.
Das weiss die Öffentlichkeit nicht. Nun hört man, dass die Verlage auch Aktionär werden können. Kommuniziert wurde das nie richtig. Wenn diese flache Hierarchie ernst gemeint ist, dann glaube ich, hat Admeira eine grosse Zukunft.l

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