Die Unternehmenssteuerreform III ist für die meisten Stimmbürger eine Katze im Sack: Wer nicht Finanzspezialist ist, versteht die Vorlage höchstens in groben Zügen – sie ist komplex und hochtechnisch. Und selbst wer Spezialist ist, kann die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen nicht voraussagen – es gibt schlicht zu viele Unbekannte.
In normalen Zeiten würden die Stimmbürger die Katze im Sack kaufen. Denn alle bürgerlichen Parteien sind dafür, alle wichtigen Wirtschaftsverbände, alle Kantone ausser Neuenburg. 21 kantonale Finanzdirektoren machen sich in Inseraten für ein Ja stark – ein einmaliger Vorgang. In normalen Zeiten zählt dieses Gewicht in der bürgerlichen Schweiz.
Doch wir leben nicht in normalen Zeiten. Wir leben in Zeiten von Misstrauen gegen die Eliten, von Experimenten, von Umbruch und Revolution – siehe Brexit, siehe Trump.
Gutes schützen statt Unbekanntes riskieren
Die Schweiz sollte nicht in diesen Experimentiermodus verfallen, sondern schützen, was sie erreicht hat: den Wohlstand, die ausgebauten Sozialwerke, die Quasi-Vollbeschäftigung. Das bedingt eine florierende Wirtschaft, das bedingt, dass unser Land im knallharten internationalen Wettbewerb attraktiv bleibt. Das heutige Steuersystem aber wird international nicht mehr toleriert, weil ausländische Firmen nicht mehr bevorzugt behandelt werden dürfen.
Deshalb braucht es so oder so eine Reform. Gibt es am 12. Februar ein Nein, so müsste das Parlament einen neuen Vorschlag ausarbeiten. Ein solcher wäre entweder ähnlich wie der jetzige – oder die Schweiz vertriebe Firmen aus dem Land, zum Schaden von uns allen.
Wirtschaft darf nicht vor die Hunde gehen
Die Reform mag Mängel haben, im grossen Ganzen aber ist sie ausgewogen. Schliesslich ist sie im Parlament aus vielen Kompromissen entstanden. Kaufen wir lieber die Katze im Sack, als dass wir unsere Wirtschaft vor die Hunde gehen lassen.