Endlich, nach über elf (!) Jahren hin und her wird «Via Sicura» am Freitag die Schlussabstimmungen in den Räten passieren. Beim Bundesamt für Strassen geht man davon aus, dass die neuen Verkehrsregeln in etwa einem Jahr gelten.
Härtere Gangart gegen Raser
Ein Kernstück des Pakets ist, Raser künftig härter anzupacken. Dies geschah auf Druck der Raser-Initiative von Roadcross, welche im Juni letzten Jahres eingereicht wurde. Das Parlament übernahm in der Folge mehrere Punkte der Initiative wörtlich.
Gut möglich deshalb, dass die Volksinitiative bald zurückgezogen wird. Vorerst warte man aber noch auf eine Botschaft des Bundesrats zum Strafmass, erklärt Roadcross-Sprecher Silvan Granig.
Das sind die wichtigsten gesetzlichen Neuerungen für Verkehrsteilnehmer
- Raserdefinition: Als Raser gilt künftig, wer waghalsige Überholmanöver macht, an privaten Rennen teilnimmt oder viel zu schnell unterwegs ist. Die Geschwindigkeitsgrenzen sind wie folgt festgelegt: Tempo 70 bei erlaubten 30 km/h, Tempo 100 bei erlaubten 50 km/h, Tempo 140 bei erlaubten 80 km/h oder 80 Stundenkilometer zu schnell auf Autobahnen. Vorgesehen sind im Anschluss Gefängnisstrafen von einem bis zu vier Jahren.
- Autos beschlagnahmen: Gerichte werden bei Raserdelikten neben dem Entzug des Führerausweises auch Autos beschlagnahmen. Sogar eine Verschrottung der «Tatwaffe» wurde diskutiert, aber wieder verworfen.
- Lichtobligatorium: Künftig muss bei Autos auch am Tag das Licht eingeschaltet sein.
- Einbau von Datenaufzeichnungsgeräten: Lenker, die den Führerausweis für längere Zeit abgeben mussten, dürfen nur noch mit Datenaufzeichnungsgeräten unterwegs sein.
- Alkohol-Wegfahrsperren für Wiederholungstäter.
- Alleine Velofahren erst ab sechs Jahren: Auf Hauptstrassen dürfen Kinder unter sechs Jahren nur noch in Begleitung einer mindestens 16 Jahren alten Person mit dem Velo unterwegs sein.
- Weniger Blutalkohol-Tests: Künftig werden auch Werte über 0.8 Promille nur noch mit einem Atemlufttestgerät festgestellt. Die teureren Bluttests werden nur noch bei Drogenverdacht gemacht oder wenn es der Kontrollierte ausdrücklich verlangt.
- Verbot von Radarwarnungen: Über Facebook oder Twitter vor Radarfallen zu warnen, ist künftig verboten. Verboten werden auch Geräte, die über Radarkontrollen informieren.
«Via Sicura» hat eine lange Vorgeschichte. Im Jahr 2000 hatte der damalige Verkehrsminister Moritz Leuenberger (SP) eine Vision: Keine Toten mehr im Strassenverkehr – die «Vision Zero». Um diese Vision zu erreichen schlug er unzählige Verschärfungen vor. So verlangte er etwa Tempo 80 für Motorradfahrer oder periodische Wiederholungskurse für Automobilisten.
Schärfere Regeln waren geplant
Diese sehr weitgehenden Ideen wurden früh aus dem Programm gekippt. Ende 2010, kurz vor seinem Rücktritt, konnte der Bundesrat dem Parlament ungefähr zwei Dutzend Vorschläge zur Erhöhung der Strassensicherheit vorlegen.
Dieses zerpflückte die Vorlage weiter. Der Widerstand der Bürgerlichen war gross. So hatte etwa der Vorschlag, dass Personen über 70 Jahren keine Kleinbusse mehr lenken dürfen, keine Chance.
Die Vorlage wurde wegen Differenzen drei Mal zwischen den Räten hin- und hergeschoben. So verzögerte sich das Geschäft von Session zu Session. Heute wurde die letzte Differenz ausgeräumt.