Herr Blocher, Sie schwingen die Nazi-Keule. Welcher Teufel hat Sie da geritten?
Christoph Blocher: Keiner. Das ist eine sorgfältig gewählte Aussage. Ich bezeichne meine Gegner nicht als Nazis. Aber ihre Methoden der militanten Ausgrenzung und Isolierung erinnern mich an deren Methoden. Den Höhepunkt erreichten die Gegner in der Kampagne zur Durchsetzungsinitiative.
Und da bringen Sie den Nazi-Vergleich?
Zusammengefasst bestand die Kampagne aus einer flächendeckenden Verunglimpfung und Verleumdung der SVP. Das hat mich an die Methoden der Nazis in der Anfangszeit des dritten Reiches erinnert. Bei den Juden hat es ja auch nicht mit dem Völkermord begonnen, sondern mit Verunglimpfung und Ausgrenzung. Statt «Kauft nicht bei Juden» heisst es heute «Stellt keine SVP-ler als Uni-Professoren an». Solche Methoden sind gefährlich, deshalb muss man sie anprangern.
Mit Ihrem Vergleich machen Sie auch den Medien den Nazi-Vorwurf. Wir haben aber keine gleichgeschaltete Presse wie damals im Hitler-Regime!
Es herrscht heute bei uns auch eine Unité de doctrine, eine einheitliche Doktrin gegen die SVP. Die SVP sei undemokratisch und wolle den Rechtsstaat abschaffen und die Institutionen, ja die Schweiz zerstören. Es ging in den Medien nicht gegen die Sache, sondern gegen eine Partei. Und ausgerechnet gegen die Partei, die wie keine andere die Werte der Schweiz – Unabhängigkeit, direkte Demokratie, Neutralität und Rechtsstaat – verteidigt.
Da muss ich vehement widersprechen: Heute gibt es Medienvielfalt und verschiedenste Medienkanäle. Da können Sie nicht behaupten, dass die SVP-Argumente totgeschwiegen wurden.
Alle diese verschiedenen Kanäle machten das gleiche: Verunglimpfung der SVP statt sachliche Argumente zur Abstimmung über die SVP zu bringen. Solche Methoden sind gefährlich. Deshalb war ich auch immer gegen die Ausgrenzung der SP: Man muss die linken Meinungen nicht totschlagen, sondern widerlegen.
Zurück zu Ihrem Nazi-Vergleich. Der Generalsekretär des Israelitischen Gemeindebundes zeigt sich entsetzt über die Banalisierung der Judenverfolgung.
Offenbar hat er meine Aussage nicht richtig gelesen. Ich stelle die damaligen frühen Verunglimpfungs-Methoden den heutigen gegenüber.
Er spricht auch von mangelndem Geschichtsverständnis.
Man muss genau lesen! Ich beziehe mich nicht auf das schreckliche Ende der Judenverfolgung. Es begann nicht mit dem Völkermord, aber es führte dazu. Wehret den Anfängen!
Nicht nur in der jüdischen Gemeinde, auch in Ihrer Partei gibt es Kritik.
Wenn ich die Aussagen einzelner Parteikollegen lese, sickert bei den meisten durch: «Er hat im Grunde recht, aber man sollte es nicht sagen, weil man sonst kritisiert wird.» Das ist zwar unangenehm, aber zu ertragen.
SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal hält Ihren Vergleich für unverständlich und unangemessen.
In seiner Funktion als Präsident der Parlamentariergruppe Schweiz–Israel nimmt er die jüdischen Reaktionen auf. Für mich sind diese unverständlich.
Ärgert Sie die SVP-Kritik?
Nein, alle sollen sagen, was sie denken.
Kein bisschen Bedauern über Ihre Aussage?
Was soll ich bedauern? Die Aussage ist richtig. Man kann natürlich darüber streiten, ob man das Richtige auch öffentlich sagen soll. Ich habe mich dazu entschlossen, um weiteres Unheil zu verhindern.
Dann steht wohl auch eine Entschuldigung ausser Frage.
Natürlich! Die Kritik stösst ins Leere.