BLICK: Frau Markwalder, wie geht es Ihnen?
Christa Markwalder: Nicht gut. Die letzten Tage waren für mich und mein privates Umfeld die Hölle. Ich musste mich für eine alte Geschichte erklären, die ich nur mit guter Absicht gemacht habe. Ich mache eine schwierige Zeit durch – und werde hoffentlich gestärkt daraus hervorgehen.
Woran denken Sie vor dem Einschlafen?
Ich weiss einfach nicht, wer mir schaden will. Von der Interpellation, über die öffentlich diskutiert wird, habe ich persönlich in keinster Weise profitiert wie das immer wieder kolportiert wurde. Und ich kann auch nicht verstehen, warum manche Leute sich ab so etwas freuen können.
Am Wochenende attackierten Sie einen Chefredaktor persönlich via Twitter. Und das um Mitternacht. Warum?
Ich war bei meinen Eltern zum Abendessen eingeladen und ging dann nach Hause. Als ich die Titelseite gesehen habe, dachte ich mir: Alles kann ich mir einfach nicht bieten lassen, ich muss mich wehren. Der Titel entsprach in keinster Weise der Wahrheit.
Nun sollen also die Medien an allem schuld sein? Sie haben für einen fremden Staat Politik gemacht!
Nein, das habe ich nicht! Aber mein Vertrauen wurde durch die Lobbyistin Marie-Louise Baumann aufs Übelste missbraucht. Ich mag Menschen und meine Gutgläubigkeit wurde mir nun zum Verhängnis. Sie konnte mich um den Finger wickeln, weil sie wusste, dass mir die Menschenrechtssituation und gute Beziehungen zu Kasachstan am Herzen liegen. Denn Kasachstan gehört zur Schweizer Stimmrechtsgruppe in den Bretton Woods Institutionen.
Haben Sie noch Kontakt zu ihr?
Nein. Mein Verhältnis zu ihr ist schon seit Monaten zerrüttet. Ich habe ihr auch erklärt, dass ich unter solchen Umständen nicht auf eine geplante Reise mitkommen will. Sie leitete im Januar ein Memo, in dem mein Vorstoss aufgelistet war, an mehrere Parlamentarier anderer Parteien weiter. Das geht nicht, und ich hoffe, sie muss sich für ihr Fehlverhalten noch im Detail erklären. Im Moment prüfe ich auch rechtliche Schritte. Ich bin meiner Kollegin Corina Eichenberger dankbar, dass sie Ihr den Bundeshaus-Zugang per sofort verweigert. Eine solche Lobbyistin hat in der Wandelhalle nichts mehr zu suchen.
Früher war Ihre Beziehung zu Baumann offenbar sehr eng. Schliesslich haben Sie ihr Kommissionsgeheimnisse verraten und so vertrauliche Infos der Landesregierung zumindest indirekt an Kasachstan weitergeleitet.
Es ging nicht um Protokolle, wie das jetzt wieder suggeriert wird, sondern um schriftliche Antworten des Bundesrats, die in der Kommission nicht einmal debattiert wurden. Aber ich würde dies bestimmt nicht noch einmal so machen, ich war unvorsichtig. Dafür entschuldige ich mich und werde mich auch dem Büro erklären.
Was sagen Sie Menschen, die enttäuscht sind von Ihnen und Sie nicht mehr wählen wollen?
Ich ärgere mich selbst am meisten über meine Fehler. Aber wer nun wegen dieser Geschichte über mich richtet, wird meiner politischen Arbeit nicht gerecht. Ich habe mich jahrelang für die Schweiz und gute Beziehungen zum Ausland eingesetzt. Nun muss ich für meinen guten Ruf kämpfen und das werde ich auch tun. Auf Facebook hat sich bereits letzten Januar eine Gruppe gebildet, die mich aus dem Amt mobben will. So etwas ist sehr verletzend. Zugleich aber, und das stärkt mich enorm, stehen unzählige Leute hinter mir – über alle Parteien und Bevölkerungsgruppen hinweg.
Fühlen Sie sich von ihrer Partei getragen? Zwischen den Zeilen schwingt von FDP-Seiten Kritik mit.
Ja! Zu Recht haben mir auch Parteikollegen vorgeworfen, dass ich naiv gehandelt habe. Aber ich fühle mich wohl in der FDP und habe auch einen guten Draht zur Parteileitung. Ich begrüsse es auch, dass sich die FDP nun für mehr Transparenz im Umgang mit Lobbyisten einsetzt.
Die SVP droht schon damit, Sie nicht zur höchsten Schweizerin zu wählen, wenn die Verletzung des Kommissionsgeheimnisses amtlich ist.
Es ist das gute Recht jeder Partei, zu wählen, wen sie will. Ich möchte das Nationalratspräsidium sehr gerne übernehmen und werde mich nach Kräften einsetzen, für eine starke Stellung der Schweiz. Die nächsten Tage bringen hoffentlich etwas mehr Licht in die Machenschaften rund um diesen undurchsichtigen Lobbying-Vorgang von Burson-Marsteller und ihrer ehemalige Verwaltungsratspräsidentin Baumann. Die Kommunikation der Agentur war nämlich mir gegenüber extrem unfair.