Hunderte von Flüchtlingen sterben bei der Fahrt übers Mittelmeer. Deshalb werden Forderungen laut, dass sich die Schweiz solidarischer zeigt. Nun mischt sich mit Annemarie Huber-Hotz die Präsidentin des Schweizerischen Roten Kreuzes in die Diskussion ein.
In einem Interview mit der «Schweizer Illustrierten» verlangt sie, dass die Schweiz 80'000 Flüchtlinge aufnimmt - und verweist dabei auf das Jahr 1871, als das Land innerhalb von drei Tagen ebensoviele Soldaten der französischen Bourbaki-Armee aufgenommen hatte: «Das muss die Schweiz erneut machen», sagt Huber-Hotz. «Wir haben Platz für weitere 80'000 Flüchtlinge.»
Die Stimme der ehemaligen Bundeskanzlerin hat besonderes Gewicht, weil sie mit dem Schweizerischen Roten Kreuz das grösste Schweizer Hilfswerk vertritt.
Bereits am Freitag forderte der Grüne Nationalrat Daniel Vischer in der «Arena», die Schweiz müsse 30'000 Flüchtlinge aufnehmen. In «10vor10» sprach BDP-Nationalrat Hans Grunder von 50'000 Flüchtlingen.
Sonderstatus für Flüchtlinge
Rot-Kreuz-Präsidentin Huber-Hotz fordert weiter, dass die Schweiz den im Asylgesetz vorgesehenen Sonderstatus der vorläufigen Aufnahme wieder in Kraft setze: «Mit dem klaren Ziel, dass die Leute wieder zurückgehen, wenn der Krieg in Syrien vorbei ist.»
Im Balkankonflikt sei die Schweiz damit erfolgreich gewesen, sagt Huber-Hotz im Interview: «90 Prozent der vorläufig Aufgenommenen gingen wieder zurück.»
«Abschotten ist keine Lösung»
Huber-Hotz kritisiert, dass die Schweizer mehr Angst als früher hätten, etwas von ihrem Wohlstand zu verlieren.
«Sich abzuschotten ist aber keine Lösung. Wir müssen uns solidarisch zeigen.» Zum Glück würden das immer noch viele Schweizer tun, indem sie grosszügig spenden oder anbieten, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen.
Auch sie könne sich vorstellen, Flüchtlinge aus Syrien bei sich aufzunehmen. Schliesslich hätten sie und ihr Mann damit Erfahrung. «Sechs Jahre hat ein nepalesisches Flüchtlingsehepaar mir seinem Kind bei uns gewohnt.»