Am Donnerstag kommt es in Bern zum Höhepunkt der einwöchigen Sondersession. Der Nationalrat behandelt das Sparpaket, KAP genannt. 700 Millionen Franken soll der Bundesrat weniger ausgeben. Von Strassen, Militär über SBB bis zur Hochschule ETH. Die Kürzungen sind in 16 einzelnen Posten fein säuberlich aufgelistet.
Das alles ist der bürgerlichen Sparallianz aus FDP, SVP und CVP zu wenig. Nach internen Absprachen haben sie gestern drei identische Anträge eingereicht, um das Sparpaket komplett umzukrempeln. Das Ziel: Schluss mit einzelnen Sparaufträgen. Der Bundesrat erhält stattdessen einen pauschalen Sparauftrag. Das nächste Budget 2016 darf nicht höher sein als 64 Milliarden Franken. Der Bundesrat müsste 3,1 Milliarden gegenüber dem aktuellen Budget 2015 einsparen.
SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz: «Das Budget zu kürzen, ist eine klassische Führungsaufgabe. Wir geben dem Bundesrat den Auftrag, das Budget um rund 3 Milliarden zu kürzen. Er kennt die Verwaltung am besten und weiss, wo noch Luft drin ist. Er muss nur endlich den Mut haben vorab in seinem engsten Kreis der Zentralverwaltung Personal abzubauen.»
Damit lösen die Bürgerlichen ihr Versprechen ein. Gemeinsam erklärten die Präsidenten von CVP, FDP und SVP im März, dass der Staat nicht weiter wachsen dürfe. Die Ausgaben müssten auf dem Niveau 2014 (64 Milliarden Franken) eingefroren werden. «2014 hat der Bund 64 Milliarden ausgegeben. Das ist nicht vorgestern! Es muss doch möglich sein, die Ausgaben auf diesem immer noch sehr hohen Niveau zu halten.»
Ob der Plan aufgeht, muss sich aber erst noch zeigen. Die Abstimmung am Donnerstag muss gewonnen werden. FDP, SVP und CVP haben mit 118 Stimmen eine komfortable Mehrheit, aber ob die Nationalräte ihren Fraktionen folgen, ist mehr als fraglich. Erst vor zwei Wochen scheiterte in der Kulturkommission ein Kürzungsantrag an der Kulturbotschaft, weil Vertreter der CVP und der FDP dagegen stimmten.
FDP-Fraktionschefin Gabi Huber sagt selbstbewusst: «Wenn wir etwas beschliessen, versuchen wir auch, es umzusetzen.» Die FDP-Fraktion habe dem Antrag gestern zugestimmt und stehe hinter den Kürzungsabsichten. Der Antrag entspreche zudem einem wichtigen Punkt im FDP-Parteiprogramm. «Daran halten wir uns.» Huber gibt aber zu, dass der Milliarden-Sparauftrag ein «Kraftakt» für den Bundesrat sein wird.
Doch wie geschlossen ist die CVP? Den Antrag reichte nicht wie bei der FDP und der SVP der Fraktionschef ein. Bei der CVP war es Nationalrat Gerhard Pfister. Pfister ist ein Hardliner, der den kleinen rechten Flügel der Partei vertritt. Steht die Fraktion hinter den Kürzungen? Pfister sagt, der Antrag entspreche dem Schulterschluss, verweist für weitere Einschätzungen aber an den Parteipräsidenten. Präsident Christophe Darbellay war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Ein müdes Lächeln ernten die Sparpläne bei GLP-Präsident Martin Bäumle. «Das ist reine Schaumschlägerei. Wer das Wachstum wirklich bremsen will, muss sagen, wo er sparen will.» FDP und CVP liessen sich für die «Pauschal-Streich-Taktik» der SVP einspannen. «Die Bürgerlichen haben eine Mehrheit im Bundesrat. Die könnten eine Sparpolitik von heute auf morgen umsetzen, wenn sie das möchten. Dafür braucht es keinen Auftrag des Parlaments.» Die GLP wäre auch bereit, mehr zu kürzen als das Programm jetzt vorsehe. «Aber sicher nicht mit solchen Pauschalanträgen.»
Amstutz ist dagegen überzeugt, dass Anträge auf einzelne Posten nicht funktionieren. «Dann halten die Kulturvertreter zusammen, die Asyl- oder Entwicklungshilfevertreter und so weiter. Jeder schaut für sich. Darum braucht es einen pauschalen Kürzungsantrag.» Die Kürzungen beträfen alle, «ohne Ausnahme». «Das wird auch mir selber und unseren Vertretern weh tun.» Ob Kultur oder Entwicklungshilfe, es dürfe keine Tabus geben. Amstutz will dabei auch Gelder für Landwirtschaft und Tourismus nicht grundsätzlich ausnehmen. «Jede Schweizer Export-Firma und auch der Tourismus muss zurzeit seine Abläufe optimieren und den Ausgabe-Gürtel enger schnallen. Wieso soll der Bund eine Ausnahme sein?»
Der Schwerpunkt der Kürzungen müsse aber klar beim Personal liegen. «Und zwar im Wasserkopf der Zentralverwaltung. Da können wir 30 Prozent streichen und es läuft alles immer noch wie zuvor.» Auch das Bundesamt für Statistik könne um die Hälfte gekürzt werden. «Das wäre halb so teuer und doppelt so sinnvoll.»
Überhaupt nichts hält die SP von den bürgerlichen Anträgen. Fraktionschef Andy Tschümperlin nennt den Plan «eine feige Taktik». «Die Bürgerlichen kommen nun am Ende eines sehr langen Prozesses und werfen die konkreten Sparaufträge über Bord. Sie wollen einfach die Verantwortung nicht übernehmen und schieben dem Bundesrat den Schwarzen Peter zu.»
Die Position der SP sei klar: «Im jetzigen wirtschaftlichen Umfeld muss der Staat investieren, nicht sparen.» Ob die SP überhaupt irgendwelchen Kürzungen zustimmt, will Tschümperlin noch nicht sagen und verweist auf die Debatte am Donnerstag. Dort wird sich auch zeigen, wie loyal SVP, CVP und FDP zum bürgerlichen Schulterschluss stehen.