«Arena»-Chef Jonas Projer
Das ist der mächtigste Mann im Wahljahr

Am Freitag startet die neue «Arena». Das Konzept ist kaum bekannt, trotzdem hagelt es von den Parteien Kritik. Moderator Jonas Projer nimmt erstmals Stellung.
Publiziert: 12.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:56 Uhr
Von Christine Maier und Matthias Halbeis

SonntagsBlick: Jonas Projer, wie viel Freude haben Sie an der Macht?
Jonas Projer:
Ich weiss es nicht.

Sie wissen es nicht? Sie haben sehr viel Macht. Sie entscheiden, welches Thema diskutiert, wer eingeladen wird, wer sprechen darf, wer schweigen muss.
Da geht es nicht um Macht. Meine Aufgabe ist es, vorsichtig abzu­wägen zwischen den unterschiedlichsten Interessen meiner Gäste.

Um die «Arena» zu moderieren, braucht man ein starkes Auf­treten, Autorität. Hatten Sie diese Eigenschaften schon immer?
Kann sein. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Vieles, was ich während der Sendung mache oder sage, geschieht instinktiv, aus dem Bauch heraus.

Woran denken Sie während 75 Minuten «Arena»?
Immer an den nächsten kleinen Schritt: Wie schaffe ich es, diese Diskussion weiterzubringen, wie gelingt es mir, diese Frage von einem zum anderen weiterzuspielen. Und die ganze Zeit hab ich die Zuschauer im Kopf:  Versteht man noch, was wir hier besprechen? Macht es Sinn? Könnte das Publikum wollen, dass ich nachhake? Dann mach ich das auch. 

Die zwei Minuten vor Sendungsbeginn sind für viele Moderatoren  die schlimmsten. Für Sie auch?
Und wie. Ich werde ganz still, tigere herum und bin davon überzeugt, diesmal geht es schief.

Wann macht Ihnen die Sendung mehr Spass, wenn es «chlöpft und tätscht», oder wenn gesittet und ruhig diskutiert wird?
Es ist schwierig, wenn nichts läuft, wenn es eine Art tote Phase gibt – davor hat ein Moderator am meisten Angst. Und wenn es richtig chlöpft, braucht man viel Energie, um zu verhindern, dass es total ausartet. Ich will keinen Lärm um des Lärms willen. Ich möchte eine echte inhaltliche Auseinandersetzung. Die kann es geben, wenn es laut oder ruhig ist.

Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Gäste von Medientrainern auf «Arena»-Tauglichkeit getrimmt werden? Das heisst, Ihre Fragen zu ignorieren und dafür die eigenen Botschaften mehrmals loszuwerden?
Bei mir muss man Antworten geben.

Sie haben in Interviews den Eindruck vermittelt, Sie würden da härter sein als Ihre Vorgänger.
Nein. Falls Sie meinen, ich qualifiziere jetzt meine Vorgängerinnen und Vorgänger, haben Sie sich getäuscht. Ich habe von ihnen viel gelernt.

Aber Sie haben gesagt, bei mir muss man Antworten geben.
Ja. Wie gesagt. Bei mir muss man Antworten geben.

Wie wollen Sie das schaffen?
Indem ich nicht immer wieder die gleiche Frage stelle, sondern auf eine andere Ebene gehe. Ich sage: «Warum beantworten Sie meine Frage nicht.» Oder möchte von einem anderen Gast wissen: «Warum denken Sie, weicht Ihr Gegenüber dieser Frage aus?» Es gibt verschiedene Möglichkeiten, zum Ziel zu kommen.

Ein neuer Stil in der «Arena».
Die Leute zu Hause mögen es nicht, wenn man keine Antwort gibt. Es kommt gar nicht gut an, auszu­weichen. Wenn meine Gäste das auch erkennen, umso besser.

Am nächsten Freitag wird der wichtigste Polittalk der Schweiz zum ersten Mal in überarbeiteter Form ausgestrahlt. Was wird neu?
Ich möchte nicht zu viel verraten, das müssen Sie verstehen. Einiges ist ja auch schon durchgesickert ...

... und hat für grosse Aufregung bei den Parteien gesorgt. Die Befürchtung scheint gross, nicht mehr angemessen zum Zug zu kommen.
Die Kritik kam, bevor man das Produkt überhaupt gesehen hat. Wir arbeiten immer noch an dieser neuen «Arena», unter Hochdruck, das kann ich Ihnen sagen. Zwölf Stunden am Tag. Am Ende werden alle sehen, dass die Sorgen unbegründet waren.

Sie sind direkt in den Abstimmungskampf um die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes geraten. Aufgrund der ersten Äusserungen zur neuen «Arena» haben Spitzenleute der BDP die Seiten gewechselt und positionieren sich jetzt neu gegen die Vor­lage. Man wirft Ihnen vor, die Parteien nicht fair zu behandeln.
Sehen Sie, wir arbeiten schon länger an der «Arena» und haben ein aus­geklügeltes System zur Einladungspolitik ausgearbeitet. Da ist es offenbar zu Fehlinterpretationen bei den Parteien gekommen. Ich kann hier und jetzt versprechen, dass alle Parteien in diesem Studio fair behandelt werden.

Dann erklären Sie uns doch, nach welchen Prinzipien Sie künftig einladen werden.
Übers Jahr müssen alle Parteien fair vertreten sein, gemessen an ihrem politischen Gewicht. Dieses ergibt sich aus der Vertretung in beiden Kammern, Ständerat und Nationalrat. Zusätzlich fliesst aber auch ein, wie erfolgreich eine Partei ausserhalb des Parlaments politisieren und Themen setzen kann.

Was haben Sie mit dem Studio­publikum vor? Es wirkt manchmal sehr befremdlich, wenn müde Zuschauer hinter Ihren Gästen gähnen und sehr gross im Bild sind.
Das ist uns bewusst. Deshalb probieren wir etwas wirklich Neues aus. Ich würde gerne mehr dazu sagen. Aber wir wissen schlicht und einfach noch nicht, ob es funk­tioniert.

Im Ernst, eine Woche vor der ­Sendung?
Wir machen nächste Woche von Dienstag bis Donnerstag Test­sendungen. Und da werden wir noch vieles verändern. Es kommt jedenfalls einiges anders als bisher. Mehr kann ich im Moment definitiv nicht sagen.

Wem gehört die «Arena»?
Den Zuschauern. Punkt. Warum fragen Sie?

Es ist seit je bekannt, dass die Parteien versuchen, grossen Einfluss auf die «Arena» zu ­nehmen. Sie wollen selber entscheiden, wen sie wann in die Sendung schicken.
Ja, ich will ehrlich sein. Es gibt diese Versuche, es wird Druck aufgebaut.

Von wem?
Das sage ich nicht. Aber ich mache immer klar: Diese Sendung wird von Journalisten gemacht, die nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne der Zuschauer eine Sendung vorbereiten und durchführen. Vielleicht machen wir da auch mal einen Fehler. Aber dann stehe ich hin und sage: Wir hätten es besser machen können. Aber nur wir treffen die Entscheidungen wie der Talk läuft. Daran führt kein Weg vorbei.

Ein ganz anderes Thema, Jonas Projer. Sie haben mit Ihrer Frau zweijährige Zwillinge und einen Sohn, der bald in den Kinder­garten kommt. Jede junge Mutter an Ihrer Stelle würde man mit der Frage nerven, wie sie alles unter einen Hut bringt.
Da haben Sie recht. Wir schaffen es mit Mühe und Not. Mit viel Organisationsaufwand. Mit einiger Hilfe aus unserem privaten Umfeld. Es ist das grösste Glück, diese Kinder zu haben. Aber manchmal «chroset» es im Getriebe. Dann ist es nicht einfach. Das erlebe ich stark.

Wann «chroset» es am meisten im Getriebe?
Kinder sind nicht einfach Zahn­rädchen, die man in eine Maschine einbauen kann und dann funktioniert es. Sie sind auch mal krank, haben eigene Bedürfnisse. Und wenn zum Beispiel ein kleines Kind krank ist, und man es nicht in die Krippe geben kann, dann rotiert man erst mal, bis man den Tag zusammenhat.

Wie erklären Ihre Kinder anderen, was ihr Papa beruflich macht?
Mein Sohn sagt immer, mein Vater ist der Chef in der «Arena» und sagt, wer sprechen darf und wer nicht.Und auch ihm muss ich dann sagen, so wie Ihnen vorher, dass ich versuche, eine möglichst gute Diskussion zu führen.

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