In Frankreich eine «schwere Bedrohung»
Schweiz lässt Imam weiterpredigen

Frankreich hat einen extremen Schweizer Imam des Landes verwiesen. Hier wird er weiter wirken können. Denn sowohl bei den Genfer- als auch den Bundesbehörden scheint sich niemand um ihn zu kümmern.
Publiziert: 11.04.2017 um 00:26 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:42 Uhr
Aus Frankreich ausgewiesen: Imam Hani Ramadan.
Foto: KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
Guido Felder

Er hält die Steinigung für eine geeignete Strafe für Ehebrecher und Aids für eine Strafe Gottes: Der Genfer Imam Hani Ramadan (57) vertritt extreme Ansichten, wie sie von Islamisten gepredigt werden.

Die französischen Behörden haben den Leiter des Islamischen Zentrums in Genf deswegen in Colmar an einer Konferenz festgehalten und des Landes verwiesen. Das Innenministerium teilte mit, dass Ramadan bekannt sei «für ein Verhalten und Äusserungen, die eine schwere Bedrohung für die öffentliche Ordnung auf französischem Boden» darstellten. Am Samstag wurde der Schweizer mit ägyptischen Wurzeln zur französisch-schweizerischen Grenze eskortiert.

Der neue sozialistische Innenminister Matthias Fekl (39) hielt ergänzend fest: «Wir sind in höchster Alarmbereitschaft und werden ohne Unterbruch gegen den Extremismus und die Radikalisierung ankämpfen.»

Keine Schweizer Behörde fühlt sich zuständig

Trotz dieser deutlichen Einschätzung der französischen Behörden wird Ramadan in der Schweiz offenbar unbehelligt weiter seine Botschaften verkünden können. Hier scheint sich keiner um den Mann kümmern zu wollen, der in Frankreich als «schwere Bedrohung» gilt. Als BLICK gestern verschiedene Behörden anfragte, ob Hani Ramadan in der Schweiz aktenkundig sei und was für Massnahmen die Schweiz nach dessen Rückkehr ergreifen würde, gab es ausweichende Antworten.

Der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet (FDP) liess ausrichten, dass er zum Fall keine Stellung nehme und die Koordination auf eidgenössischer Ebene liege.

Äussert sich nicht zum Fall: der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet.
Foto: KEY

Beim Bundesamt für Polizei hielt Mediensprecherin Lulzana Musliu verallgemeinernd fest: «Jedes Land ist verpflichtet, seine Bürgerinnen und Bürger zurückzunehmen, wenn ein anderer Staat eine Ausweisung erlässt.»

Linda von Burg von der Bundesanwaltschaft antwortete lediglich, dass gegen Ramadan zurzeit kein Strafverfahren laufe.

Selbst der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), zu dessen Aufgaben das Monitoring von Dschihadisten gehört, wies BLICK ab: «Die Beantwortung fällt nicht in die Zuständigkeit des NDB.» Auf die Nachfrage von BLICK, wer denn für diesen Fall zuständig sei, antwortet NDB-Kommunikationschefin Isabelle Graber: «Keine Ahnung.»

Verärgert über das Vorgehen der Schweizer Behörden: Roland Büchel, Präsident der Aussenpolitischen Kommission.
Foto: Keystone

Kommissionspräsident ärgert sich

Für Roland Büchel (51), den Präsidenten der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, ist dieses Desinteresse in Bern unhaltbar. Der St. Galler SVP-Nationalrat zu BLICK: «Wir müssen die Einschätzung der Franzosen sehr ernst nehmen, denn ich gehe nicht davon aus, dass unsere Nachbarn von Paranoia befallen sind. Es ist klar, dass es nun eine Aufgabe auf Bundesebene sein muss, diese Person zu beobachten und zu kontrollieren.» Am ehesten sei dies eine Aufgabe des Nachrichtendienstes.

Büchel verweist auf die Unterrichtstätigkeit Ramadans an öffentlichen Schulen in Genf. «Es muss auch untersucht werden, ob da über Jahre eine latente Bedrohung unserer Werte stattgefunden hat.» Ramadan war 2002 wegen seiner Aussagen zur Steinigung und zu Aids entlassen worden.

Für Roland Büchel gibt es im Fall Ramadan einige offene Fragen. «Es kann nicht sein, dass sich die Verwaltung so zurückhaltend verhält. Sie muss sich um diesen Fall kümmern. Andernfalls wird es unumgänglich, politisch Druck aufzusetzen.»

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