Seit Wochen kursieren Gerüchte, die von einer Übernahme von GC durch ominöse Investoren sprechen. Einmal ist die Rede von arabischen Ölscheichs, die ihr Geld beim Rekordmeister anlegen wollen. Ein andermal soll ein russischer Oligarch an den Grasshoppers interessiert sein. Schliesslich soll ein Klinik-Besitzer das grosse Geld versprechen (Blick.ch berichtete).
Letzte Woche verweigert die Lizenzkommission der Swiss Football League GC in erster Instanz die Spiel-Lizenz für die nächste Saison. Die Zeit läuft dem traditionsreichen Zürcher Klub davon.
Letzten Mittwoch dann die Wende – scheinbar: Zwei Personen, ein Mann und eine Frau, melden sich auf der Sportredaktion von BLICK. Sie hätten eine unglaubliche Geschichte anzubieten. Ein Investor aus dem arabischen Raum sei bereit, die sagenhafte Summe von 300 Millionen Franken in GC zu investieren.
BLICK-Reporter undercover eingeladen
Wer ist dieser Investor? Woher hat er so viel Geld? Wieso will er diese Wahnsinns-Summe in GC investieren? Sie könnten noch nichts dazu sagen, meinen die beiden Besucher. Als Beweis dafür, dass die Geschichte stimmt, würden sie, im Auftrag des Investors, einen Reporter von BLICK undercover zu den Vertragsverhandlungen ins «Baur au Lac» einladen.
Im Gegenzug verlangen die beiden Gesandten am Sitzungstisch, dass die Ringier AG für diese exklusive Story dem Investor und seiner Gattin «ein noch zu definierendes Geschenk» überreichen soll. Geht es also nur darum, Geld abzuzocken?
Nachdem den beiden Besuchern freundlich, aber dezidiert klar gemacht worden ist, dass die Sportredaktion weder für diese noch für andere Geschichten Geld zahlt, lenkt die Frau ein: «Es kann auch nur eine Geste sein. Wissen Sie, das ist so üblich im arabischen Raum.» Arabischer Raum? Beide Besucher schweigen, lächeln sich kumpanenhaft zu.
«Wenns nur um eine Geste geht, wäre dann ein gute Flasche Wein okay?» – «Der Investor trinkt keinen Alkohol. Aber ein Wochenende in den Bergen wäre sicher eine schöne Geste. Der Investor liebt die Berge.»
Ein Blumenstrauss und ein Parfüm
Nach kurzem Hin und Her, was denn eine angemessene Geste sei, der Vorschlag der Sportredaktion: ein Blumenstrauss und ein Parfüm für die Gattin, persönlich überreicht vom Sportchef. Das Absurde: Die beiden nehmen den Vorschlag an und verlangen, dass die Abmachung schriftlich festgehalten wird. Ein Blumenstrauss und ein Parfüm – vertraglich festgehalten, in vierfacher Ausführung!
Tatsächlich kann Nachrichtenredaktor Thomas Ley alias Thomas Steiner gleichentags am versprochenen Treffen im «Baur au Lac» teilnehmen. Und tatsächlich kommt es im Hotelrestaurant zur Vertragsunterzeichnung: Auf der einen Seite der Investor Volker Georg Eckel (43), gebürtiger Deutscher mit angeblichem Wohnsitz in Frauenfeld. Auf der anderen Seite GC-Vize-Präsident Erich Vogel sowie Finanzchef Heinz Spross.
Über Investor Volker Georg Eckel ist nichts in Erfahrung zu bringen. Offen auch die Frage, weshalb ein Journalist undercover an diesem Geheimtreffen teilnehmen soll. Eckel besteht sogar darauf, dass Thomas Ley alias Thomas Steiner am nächsten Abend in der Loge des Letzigrundstadions beim Spiel GC gegen Vaduz neben ihm Platz nehmen soll.
Eigenartige Inszenierung geplant
Mehr noch: Er will die Sportreporter von BLICK für eine Inszenierung einspannen, die ihm, aus welchen Gründen auch immer, offenbar extrem wichtig ist. Die Wagenkarrosse mit der gesamten Entourage des Investors Eckel solle, so die Regieanweisung, bei der Einfahrt zum Letzi von einem Fotografen angehalten werden, worauf Eckel völlig überrascht aus seiner Limousine steigen würde und den Geheimvertrag über 300 Millionen Franken mit GC an die Öffentlichkeit bringen müsste. Die Absicht dahinter ist nicht bekannt.
Thomas Ley alias Steiner wird nicht in der Loge Platz nehmen. Und der Fotograf wird die Wagenkolonne im Letzi nicht anhalten. Stattdessen meldet sich am Abend des Spiels GC gegen Vaduz ein aufgebrachter Werner Nötzli an der Rezeption des Ringier-Pressehauses, auch als Piero-Esteriore-Memorial bekannt. Er verlangt den Verleger persönlich, Michael Ringier. Er sei ein Freund des arabischen Königshauses, sagt Nötzli, und droht mit Konsequenzen.
Am Tag darauf, das Spiel endet 2:0 für GC, meldet sich Nötzli wieder mit freundlicher Stimme, um ein neues Drehbuch vorzuschlagen.
Weitere Recherchen ergeben, dass die drei Personen, die namentlich im 300-Millionen-Vertrag als zukünftige Führungsleute von GC aufgeführt sind, tatsächlich existieren und einen sauberen Leumund haben: Patrick Staub (39), Finanz- und Vermögensverwalter aus Bottighofen TG; Stefan Hanselmann (39), Treuhänder aus Frauenfeld; Karl Krummlauf (63), Logistiker eines Autozulieferers aus Binningen BL. Staub ist Makler der Immobiliengesellschaft ImmoSky in Frauenfeld, Hanselmann deren Geschäftsführer. Teledata bescheinigt ihm wie auch Hanselmann eine hohe Kreditwürdigkeit (Stufe B).
Wohnadresse existiert nicht
Über Investor Eckel ist inzwischen bekannt, dass er am 18. August 2008 im Zürcher Handelsregister eine Treuhandfirma angemeldet hat (Firmennummer:
CH-020-1.055.013-9). Am 2. Februar 2009 wird der Eintrag wieder gelöscht. Begründung: «Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebes». Fest steht auch, dass die Wohnadresse von Eckel, Wellauerstrasse 85 in Frauenfeld, die Adresse, die auf dem 300-Millionen-Vertrag steht, so nicht existiert. Die Wellauerstrasse hört bei Nummer 82 auf. Entsprechende Nachfragen bei Eckel bleiben unbeantwortet.
Auch auf Seiten von GC wird weiterhin geschwiegen. Offizielles Communiqué von vorgestern Montag, 27. April: «Im Rahmen der Investorensuche befindet sich der Verwaltungsrat der Neue Grasshopper Fussball AG derzeit mit verschiedenen Interessenten in Detailabklärungen.
Mit allen Gesprächspartnern wurde eine gegenseitige Geheimhaltungsklausel mit Konventionalstrafe vereinbart, weshalb vorgängig eines allfälligen Abschlusses keine Details kommuniziert werden.» Scheinbar soll die Konventionalstrafe zwei Millionen Franken betragen.
Noch immer ist die Rolle von Eckel unklar. Die zentrale Frage aber ist eine andere: Wieso hat sich GC bei einem solchen Mega-Deal nicht die Mühe genommen, das zu machen, was BLICK in den letzten Tagen gemacht hat. Nämlich auf verschiedenen Ebenen zu recherchieren. Und falls GC doch recherchiert hat: Wieso setzen sich Vogel und Spross mit einem möglichen Hochstapler an den Verhandlungstisch?
Volker Georg Eckel ist pleite!
Gestern schliesslich der entscheidende, mehrseitige Fax aus Deutschland. Absender: Handelsregister Tamm, Amtsgericht Heilbronn. Volker Georg Eckel ist pleite, so pleite wie es nur geht. Er hat mehrere Insolvenzverfahren am Hals, bekommt eine Restschuldbefreiung. Will heissen: Er ist so mausarm, dass er laufende Rechnungen nicht zahlen kann. Auf 27278,91 Euro belaufen sich die Gläubigerforderungen.
Seine Frau Sabine (46), die sich vertraglich einen Blumenstrauss und ein Parfüm hat zusichern lassen, hat Schulden von 43974,52 Euro gegenüber Dritten. Eine Restschuldbefreiung bedeutet in Deutschland, dass die betroffene Person sechs Jahre lang jegliches Einkommen und ähnliche Bezüge einem Treuhänder zur Verfügung stellen muss für die Tilgung der Schulden.
Andreas Iten, seit dem 1. April neuer Zentralpräsident von GC, also der amtshöchste Hopper überhaupt, sagt: «Ich war informiert, aber nicht involviert. Die Details habe ich aus dem BLICK erfahren. Das Ganze kann ein sehr schlechtes Licht auf GC werfen.»
Dieser Milliardär wird aber nicht Volker Georg Eckel heissen, der Mann, mit dem GC-Vize-Präsident Erich Vogel und Finanzchef Heinz Spross letzte Woche im «Baur au Lac» erst per Handschlag, dann auch mit Unterschrift einen Investitionsvertrag eingegangen sind. Kann es sein, dass Eckel nur ein Strohmann ist für einen Geldgeber im Hintergrund? Wird der Millionenbetrag bis morgen Donnerstag doch noch an GC überwiesen? Wieso aber heuert ein möglicher Geldgeber einen Volker Eckel als Frontmann an?
Die Fragen haben sich ohnehin längst verschoben und betreffen das Geschäftsgebaren der GC-Führung. Roger Berbig, Heinz Spross und Erich Vogel sind vor zwei Jahren mit dem Anspruch angetreten, einen Neuanfang zu wagen. Alles sollte anders werden, alles besser. GC sollte wieder das werden, was der Klub einmal war: eine Referenz im Schweizer Fussball; ein Verein, der sich auch international Respekt verschafft.
Die Kritik betraf damals vor allem Erich Vogel. Ist er der Richtige für einen Neuanfang? Vogel polarisiert wie kein Zweiter: Die einen bezeichnen ihn als Genie, andere als Scharlatan. Die Option «Genie» kann man inzwischen ausschliessen. Was nur hat Vogel, was hat die ganze GC-Führung getrieben? Tragbar ist keiner mehr aus der GC-Chefetage. Immerhin ein paar Antworten wären fällig. Wundersame Wendungen sind dabei wie immer nicht ausgeschlossen.
Kommentar von Walter De Gregorio
Dieser Milliardär wird aber nicht Volker Georg Eckel heissen, der Mann, mit dem GC-Vize-Präsident Erich Vogel und Finanzchef Heinz Spross letzte Woche im «Baur au Lac» erst per Handschlag, dann auch mit Unterschrift einen Investitionsvertrag eingegangen sind. Kann es sein, dass Eckel nur ein Strohmann ist für einen Geldgeber im Hintergrund? Wird der Millionenbetrag bis morgen Donnerstag doch noch an GC überwiesen? Wieso aber heuert ein möglicher Geldgeber einen Volker Eckel als Frontmann an?
Die Fragen haben sich ohnehin längst verschoben und betreffen das Geschäftsgebaren der GC-Führung. Roger Berbig, Heinz Spross und Erich Vogel sind vor zwei Jahren mit dem Anspruch angetreten, einen Neuanfang zu wagen. Alles sollte anders werden, alles besser. GC sollte wieder das werden, was der Klub einmal war: eine Referenz im Schweizer Fussball; ein Verein, der sich auch international Respekt verschafft.
Die Kritik betraf damals vor allem Erich Vogel. Ist er der Richtige für einen Neuanfang? Vogel polarisiert wie kein Zweiter: Die einen bezeichnen ihn als Genie, andere als Scharlatan. Die Option «Genie» kann man inzwischen ausschliessen. Was nur hat Vogel, was hat die ganze GC-Führung getrieben? Tragbar ist keiner mehr aus der GC-Chefetage. Immerhin ein paar Antworten wären fällig. Wundersame Wendungen sind dabei wie immer nicht ausgeschlossen.
Kommentar von Walter De Gregorio