Gestern Abend gab es eine Überraschung: Beim Poker der Finanzminister wurden sich Griechenland und die Eurozone ziemlich schnell einig. Das Finanz-Hilfspaket, das heute in einer Woche ausgelaufen wäre, wird noch einmal vier Monate weitergeführt.
Allerdings bleibt genug Potenzial für Streit. Bedingung ist nämlich, dass die Griechen am Montag eine Liste mit Reformmassnahmen vorlegen. Dann wird wieder beraten. Doch genau bei den Reformen bestehen die Differenzen: Athens neue Linksregierung will den harten Sparkurs beenden.
Aber ohne weitere Finanzspritzen ist Griechenland pleite. Dann droht der griechische Ausstieg aus dem Euro: der Grexit.
«Im Moment ist es ein grosser Poker»
An der Seitenlinie steht die Schweiz. Auch hier verfolgt man ganz genau, was in Brüssel verhandelt wird. Noch hat sich die Wirtschaft nicht vom Frankenschock von Mitte Januar erholt. Und schon droht der nächste Tsunami. «Im Moment ist es ein grosser Poker. Das schafft Nervosität», sagt Daniel Kalt (45), Chefökonom der UBS. Tatsächlich: Gestern Nachmittag verlor der Euro nach einer Woche der Erholung gegenüber dem Franken plötzlich wieder an Wert.
Wie stark wäre die Schweiz von einem Grexit betroffen? «Kurzfristig wäre der Franken wieder knallhart», sagt Kalt. Parität zum Euro ist wieder möglich. Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz schwindet weiter. Möglicherweise muss die Nationalbank wieder eingreifen.
Das ist nicht alles. Jochen Hartwig (44) von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich sagt: «Im Moment gibt es im Euroraum eine Erholung.» Die Signale aus Problemländern wie Spanien, Portugal oder Italien sind endlich positiv. «Ein Grexit könnte das abwürgen.» Ein weiterer harter Schlag auch für unsere Exportwirtschaft. «Für die Schweiz ist das die grösste Gefahr.»
Gehen die Griechen bankrott, verliert die Schweiz nichts
Das Schlimmste dürfte uns erspart bleiben. «Griechenland ist kein wichtiger Handelspartner», sagt Ökonom Kalt. Und die Griechen schulden uns kein Geld. Gehen sie bankrott, verliert die Schweiz nichts. Anders als die Deutschen, die Milliarden abschreiben müssten.
Langfristig bietet der Grexit sogar Chancen für die Schweiz. Denn ohne finanzschwaches Griechenland wird der Euro wieder stärker. «Er könnte sich wieder aufwerten», sagt Kalt. Erfreulich auch für die Schweiz. Dann wäre der Franken endlich nicht mehr dermassen überbewertet.