In Grossbritannien ist Beihilfe zum Suizid streng verboten. Jetzt kritisieren britische Medien die Schweizer Sterbehelfer scharf. Die Zeitung «Daily Mail» setzte eine Reporterin auf den Londoner Psychiater Colin Brewer (74) an.
Dieser erstelle Gutachten für Sterbewillige und habe schon mindestens zwölf Engländer zum Sterben zu Dignitas in die Schweiz geschickt, schreibt das Blatt. Und Brewer sei schon vor Jahren aus dem britischen Ärzteregister ausgeschlossen worden – wegen «schweren Fehlverhaltens».
Die Reporterin erzählte dem Psychiater, sie sei 35 Jahre alt, sie habe psychische Probleme und wolle Suizid begehen. Und sie machte dem Arzt klar, dass sie körperlich gesund sei.
Laut Wortprotokoll kein Problem für Colin Brewer: «Dass du mit 35 Jahren noch in der Mitte des Lebens stehst, stellt kein Hindernis dar.» Er riet der vermeintlich psychisch kranken Frau, ihrem Hausarzt nichts von ihren Sterbeplänen zu erzählen.
Das britische Gesundheitsministerium ist laut der Zeitung «The Guardian» geschockt, dass ein unregistrierter Psychiater solche Abklärungen zu Sterbebegleitungen durchführe.
Brewer akzeptiert die Kritik nicht: Er führe keine Sterbebegleitungen durch. Sondern gebe nur Empfehlungen ab: «Was ich mache, ist legal.»
EVP-Nationalrätin Maja Ingold (67) kritisiert die Suizidbeihilfe generell: «Ich bin schockiert, aber nicht verwundert.» Für die Zürcher Politikerin verkommt Sterbehilfetourismus immer mehr zu einem Geschäftsmodell.
«Das riecht mir nach einem ziemlich lukrativen Business», erklärt sie. Hier würden Menschen in psychischen Notlagen möglicherweise ausgenutzt. Ihre Forderung: «Die Schweizer Behörden müssen abklären, ob diese Praxis legal ist.»
Bei der Freidenker-Vereinigung Schweiz ist man über den Fall wenig erfreut. «Prinzipiell steht für uns die Selbstbestimmung des Menschen an erster Stelle», so Präsident Andreas Kyriacou (48). «Aber solche Vorwürfe sind ganz schlecht für die Akzeptanz der Sterbehilfe. Alle involvierten Fachpersonen müssen neutral und unumstritten sein», so der Freidenker.
Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli (82) wollte keine Stellung nehmen.