Der griechische Premier Alexis Tsipras und sein Finanzminister Giannis Varoufakis sind der Provokationen nicht müde. Während mit den internationalen Gläubigern in Brüssel um Spar- und Reformpakete gefeilscht wird, hat Tsipras seinen Bürgern gegenüber die Spendierhose angezogen.
Gestern kündigte die Regierung einen teilweisen Steuererlass für arme Griechen an. Mittellose Privatpersonen oder Firmen müssten einzig 200 Euro ihrer Schulden zahlen, dann würde die Hälfte der übrigen Schuld erlassen, sagte Finanzstaatssekretärin Nadia Valvani.
Troika hatte Schuldenerlass gestoppt
Ein Plan, den bereits die Vorgängerregierung hatte – und der von der Troika schliesslich gestoppt wurde. Denn den strengen Sparauflagen der internationalen Gläubiger entsprach der teilweise Schuldenerlass ganz und gar nicht.
Es ist allerdings bekannt, was die neue Regierung von der Troika – die inzwischen aus Rücksicht auf die Hellenen in «die Institutionen» umbenannt wurde – hält: Nichts. Und deshalb schreckt sie auch nicht davor zurück, das Vorhaben nun in die Tat umzusetzen.
Die Vorgängerregierungen hätten Kleinstschuldner bedrängt und vermögende Griechen verschont, so die Begründung Valvanis. «Das wird korrigiert. Wir nehmen die grösseren Schulden ins Visier.» Insgesamt hätten sich 76 Mrd. Euro an ausstehenden Steuern und nicht bezahlten Sozialbeiträgen angehäuft, sagte die Staatssekretärin. «Aber realistisch gesehen können nur 9 Mrd. wirklich eingetrieben werden.»
Ultimatum läuft
Griechenland stösst die Finanzminister der Eurogruppe damit erneut vor den Kopf. Zwei Treffen mit dem griechischen Finanzminister endeten bereits mit einem Eklat, nun läuft ein Ultimatum. Stellt Griechenland bis Ende Woche nicht doch noch Antrag auf Verlängerung des Hilfsprogramms, läuft dieses Ende Monat aus. Vier Wochen später soll das Land vor dem Bankrott stehen, prophezeit ein Insider – spätestens!
Die griechische Regierung hatte angekündigt, am Mittwoch einen Verlängerungs-Antrag einzureichen. Später wurde der Termin um einen Tag verschoben. «Wir werden heute den Brief schicken», sagte der Regierungssprecher Gavriil Sakellarides.
Allerdings ist darin dem Vernehmen nach nicht von einer Verlängerung des kompletten Hilfsprogramms inklusive Spar- und Reformauflagen, sondern einzig der Kredite die Rede. Ein Kompromiss, auf den sich die Eurogruppe keinesfalls einlassen würde, wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble gegenüber «Spiegel.de» klarmachte.
EZB erhöht Rahmen für Notkredite
Angesichts der politisch wie finanziell angespannten Lage hat die Europäische Zentralbank gestern derweil beschlossen, den Geldhahn für griechische Banken vorerst offen zu lassen. Wie am Abend aus Notenbankkreisen verlautete, hat die EZB den Rahmen für Notkredite für griechische Banken erneut erhöht - von 65 auf 68,3 Milliarden Euro.
Hintergrund ist die angespannte Lage der griechischen Banken, die zunehmend unter Mittelabflüssen in Milliardenhöhe leiden, weil Bürger und Unternehmen wegen der ungewissen Zukunft ihre Konten leerräumen. (lha/SDA)