Nach Angaben der Polizei demonstrierten bis Sonntagnachmittag in 160 Städten mindestens 960'000 Menschen, berichtete das Portal «O Globo». In der Hauptstadt Brasília versammelten sich 100'000 Demonstranten vor dem Abgeordnetenhaus, auch in São Paulo wurden über 100'000 Teilnehmer erwartet.
In Rio de Janeiro führte der Protestzug über den berühmten Strand Copacabana. Laut Organisatoren nahmen bis zu 200'000 Menschen daran teil. Buhrufe wurden laut, als ein Kleinflugzeug mit einer Banderole über die Menge hinwegflog, auf der zu lesen stand, dass es «keinen Staatsstreich geben» werde.
Erstmals seit Beginn der Proteste gegen Rousseff beteiligten sich die Oppositionsparteien aktiv an den Demonstrationen. Die rechte Opposition hofft, durch die Massenproteste den Druck auf die Abgeordneten zu erhöhen, damit diese für eine Amtsenthebung der Präsidentin stimmen. Rousseffs Mandat läuft regulär bis Ende 2018.
Die Zustimmungswerte der linksgerichteten Staatschefin liegen mittlerweile nur noch bei knapp zehn Prozent, für ihre Amtsenthebung sind laut Umfragen rund 60 Prozent der Brasilianer. Die jüngsten Korruptionsermittlungen gegen ihren Vorgänger und Parteifreund Luiz Inácio Lula da Silva bringen Rousseff weiter in Bedrängnis.
Lula war vergangene Woche im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre um den Ölkonzern Petrobras verhört worden. Dabei ging es um eine Luxuswohnung in der Küstenstadt Guarujá im Bundesstaat São Paulo, deren Besitz er den Behörden verschwiegen haben soll. Lula gibt an, nicht der Eigentümer des fraglichen Objekts zu sein.
Die konservative Opposition wirft Rousseff vor, ihren Wahlkampf 2014 illegal mit Spenden von Zulieferern des Energiekonzerns Petrobras finanziert und den Haushalt 2014 sowie im ersten Halbjahr 2015 geschönt zu haben. Ein Gericht erklärte den Etat im vergangenen Oktober wegen zahlreicher Unregelmässigkeiten für illegal. Doch ein Amtsenthebungsfahren gegen Rousseff wurde vom Obersten Bundesgericht vorläufig gestoppt. (SDA/kra)