Premierministerin Ana Brnabić macht Serbien digital – inspiriert von der Schweiz
Alle Schüler lernen programmieren!

Der Schweizer Digitaltag hat die serbische Premierministerin inspiriert, die Wirtschaft ihres Land umzubauen. Im BLICK erzählt sie von ihren Plänen.
Publiziert: 27.01.2020 um 23:17 Uhr
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Als Premierministerin treibt Ana Brnabic den radikalen Umbau der serbischen Wirtschaft voran.
Foto: Gian Ehrenzeller/Keystone
Christian Dorer

Ana Brnabic (44) kam als Quereinsteigerin in die Politik: Sie hat in den USA Betriebswirtschaft studiert, arbeitete in internationalen Organisationen, leitete eine Firma für Windkraftwerke. Vor drei Jahren macht Serbiens Präsident Aleksandar Vucic (49) sie zur Premierministerin.

Sie ist die erste Frau auf diesem Posten, lebt in einer Beziehung mit einer Frau und war zu Beginn nicht mal Parteimitglied – also alles völlig anders, als man sich das in Serbien gewohnt war.

Vom Agrarstaat zur Digitalnation

Ebenso ungewohnt waren Tempo und Konsequenz, mit der sie in ihren bisher zweieinhalb Amtsjahren das 7-Millionen-Land umgebaut hat: weg vom Agrarstaat, hin zur Digitalnation.

«Länder wie Serbien haben mit der vierten industriellen Revolution die Chance, Gewinner zu werden», sagt sie im Gespräch mit BLICK am WEF in Davos GR. «Wenn wir diese Gelegenheit verpassen, könnte es lange dauern bis zur nächsten.»

Deshalb macht die Premierministerin ihr Land zum Digitalhub des Balkans, zieht unter anderem mit Steuererleichterungen Start-ups und gestandene Firmen an. «Ich will Serbiens Wirtschaft von der Handarbeit zu wissensbasierten Jobs transformieren», sagt Brnabic.

Das scheint zu gelingen: Serbiens IT-Sektor wächst jährlich um 25 Prozent, die IT-Exporte sind inzwischen grösser als diejenigen aus dem Agrarbereich.

40'000 Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet

Eine ganz wichtige Massnahme: Alle Schulkinder des Landes werden auf die neue Ausrichtung vorbereitet – und lernen seit Jahren ab elf programmieren! Als Pflichtfach! Rund 40'000 Lehrerinnen und Lehrer mussten dazu ausgebildet werden.

Die Kinder beginnen mit «Scratch», einer Programmiersprache speziell für Jugendliche, und später mit dem etwas ausgefeilteren «Python». 2021 wird die erste Generation Jugendliche die Schule verlassen, die die Programmierausbildung vollständig durchgemacht hat.

Wollen Sie aus allen Kindern IT-Spezialisten machen, Frau Premierministerin? «Nein, aber programmieren macht für alle Sinn, weil sie lernen, wie Algorithmen funktionieren, wie man Probleme systematisch löst. Wir sollten den Kindern beibringen, wie sie denken sollen, nicht, was sie denken sollen.»

Im Gegenzug zur Programmier-Offensive wurden andere Fächer an Serbiens Schule freiwillig.

Inspiration aus der Schweiz

Brnabic hat sich bei ihren Plänen von der Schweiz inspirieren lassen, unter anderem war sie zu Gast am landesweiten Digitaltag. «Dank Unterstützung von Digitalswitzerland ist es uns gelungen, Digitalserbia zu gründen und so einen engen Dialog mit der Wirtschaft aufzubauen. Wir bauen im Grund ein neues System auf!»

Viele Arbeitsplätze würden verschwinden, räumt sie ein, aber noch viel mehr neue sollen entstehen. «Und die sind viel interessanter und machen mehr Spass als die alten, die verloren gehen!»

Bei diesen riesigen Veränderungen sieht es die Premierministerin als Vorteil, dass sie eigentlich gar keine Politikerin ist: «Ich bin pragmatischer und resultatorientierter.»

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