Kommentar zu den Landtagswahlen und dem AfD-Wahlerfolg
Armes Deutschland

Rechtsruck bei den Landtagswahlen in Deutschland: Der Erfolg der Alternative für Deutschland ist ein doppeltes Misstrauensvotum gegen Merkels Flüchtlingspolitik.
Publiziert: 13.03.2016 um 18:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:35 Uhr
Iris Mayer

Diese Wahl ist eine Zäsur für Deutschland: die Volksparteien CDU und SPD abgestraft, die fremdenfeindliche «Alternative für Deutschland» (AfD) im Siegestaumel, die Grünen mit Abstand stärkste Kraft in der einst konservativen Stammbasis Baden-Württemberg.

Polit-Erdbeben schüttelt Deutschland durch Deutschland ist zerrissen, Kanzlerin Merkel mit ihrem «Wir schaffen das»-Mantra der Flüchtlingspolitik in einer tiefen Vertrauenskrise. Die Mehrheit der Bevölkerung sagte vor dem gestrigen Wahlsonntag, sie sei mit Merkels Flüchtlingspolitik nicht einverstanden und ihre Sorgen würden von den etablierten Parteien nicht ernstgenommen.

Diese Wahl war also gleich ein doppeltes Misstrauensvotum gegen Merkels grosse Koalition.

Zum ersten Mal kann mit der AfD eine Partei rechts von der Union dauerhaft Fuss fassen und sitzt nun in 8 von 16 Landesparlamenten. In Sachsen-Anhalt schaffte die Partei zudem ein Novum: Sie wurde aus dem Stand mit mehr als 20 Prozent zweitstärkste Kraft.

Eine Partei, die den Schiessbefehl gegen Flüchtlinge an der Grenze angemessen findet, den Austritt der Exportnation Deutschland aus dem Euro fordert und systematisch unabhängige Medien diskreditiert.

Doch das Problem der Demokratie sind nicht nur die schrillen Töne ihrer Feinde, es ist das Schulterzucken ihrer Freunde. Wenn die Mutbürger resignieren, dann geben die Wutbürger den Ton an.

Die Wahlbeteiligung war hoch, doch es war die AfD, die ihre Anhänger mobilisieren konnte. Sie fühlen sich als das Volk, auch wenn sie es nicht sind. Sie werden ihren Aufstand gegen die Anständigen weiterführen, wenn die ihren Platz in der Demokratie nicht mit aller Macht verteidigen.

Dazu braucht es Vernunft und Argumente, um jene zu entlarven, die nur schrille Töne kennen. Es braucht Weitsicht und Mut, damit Deutschland weltoffen bleibt. Es braucht einen Konsens der übrigen Parteien, die Gegner nicht in den eigenen Reihen zu suchen. Geschichte passiert nicht, sie wird gemacht.

Die Schweiz hat das bei der Abstimmung zur Durchsetzungsinitiative vor zwei Wochen mit ihrem Nein gezeigt: Der breiten Mitte war nicht egal, ob für Ausländer eine Justiz zweiter Klasse gelten sollte. So eine Haltung hätte auch Deutschland gut getan. 

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