Sie will nicht länger schweigen. Sie will aufrütteln, warnen. Anderen jungen Frauen das gleiche Schicksal wie ihrer Tochter ersparen.
Die Zürcherin Susanna N.* (51) sagt: «Wir wollen Gerechtigkeit. Und andere Eltern warnen!»
Es hätten unvergessliche Familienferien in Ägypten werden sollen. Im Luxushotel in Hurghada. Am 19. April reisen Susanna N., ihr Partner Nico H.* (34) und die Töchter (21 und 16) an. Fünf Tage vergehen wie im Flug.
Am Abend des 24. April ist die Familie in ausgelassener Stimmung. An der Bar bedient Hotelkellner Emad (28). Der Ägypter will den Schweizern den Hafen von Hurghada zeigen. «Wir trafen Emad später in der Papas Beach Disco. Als meine jüngere Tochter müde wurde, gingen wir mit ihr zurück zum Hotel», erzählt Susanna N. (51). Nur die 21-jährige M.* und der Kellner bleiben noch.
Mutter: «Emad hat unser Vertrauen missbraucht»
Susanna N. und Nico H. sind im Hotel Albatros Palace Resort Stammgäste, schon zum zehnten Mal da. Kennen das Personal. «Emad hat unser Vertrauen missbraucht», sagt die Mutter.
Schliesslich will auch M. von der Open-Air-Disco zurück ins Hotel. Der Kellner behauptet, es würden keine Taxis mehr fahren. «Er sagte, er wolle noch rasch zu Hause eine Jacke holen», weiss Susanna N. «Er sagte zu meiner Tochter, dass er sie nicht draussen warten lassen möchte. Das sei zu gefährlich.» Flugbegleiterin M. geht mit in die Wohnung. «Dann schloss er die Tür ab. Der Hotelkellner drückte sie über die Couch und vergewaltigte sie.»
Als Emad endlich von seinem Opfer ablässt, erpresst er M. «Er sagte, sein Schwager sei bei der Polizei. Sie käme ins Gefängnis, wenn sie jemandem von der Vergewaltigung erzähle», so die Mutter. «Um 3.44 Uhr schrieb meine Tochter: ‹Mama!!! Bin im Taxi, bin am Ende.› Ich lief sofort zur Rezeption und wartete auf sie. Als ich hörte, was passiert war, weinte ich die ganze Nacht.»
Die Familie alarmiert die Polizei und erstattet Anzeige. Der Kellner wird verhaftet, das Opfer am Gericht in Hurghada verhört. Dort trifft M. nochmals auf ihren Peiniger, der bei der Anhörung behauptet, dass sie ihn küssen wollte und zum Sex zwang.
Nicht das erste Opfer
Bei Gericht erscheint auch Emads Familie, will die Sache aussergerichtlich lösen. «Sein Bruder sagte dann auch, dass Emad bereits eine Polin und eine Russin vergewaltigt habe und deswegen schon Stellen in Hotels verloren hat», so Nico H.
Von der Schweizer Botschaft fühlt sich die Familie in Stich gelassen. «Zwei Tage lang war niemand erreichbar. Schliesslich hat man uns auf der Deutschen Botschaft geholfen.» Das EDA hat der Familie mittlerweile einen Brief geschickt und sie darauf hingewiesen, dass sie «aufgrund eines tragischen Ereignisses in Ägypten» Opferhilfe beantragen kann.
Ende Mai soll Emad der Prozess gemacht werden. Ihm droht die Todesstrafe. «Ich hoffe, dass er schwer bestraft wird», sagt Nico H. «Das Leben meiner Stieftochter ist zerstört, sie sagt, dass sie ihren Beruf als Flugbegleiterin nicht mehr ausüben kann. Sie hat jetzt Angst ins Ausland zu reisen.»