Bei der Zeremonie am Sitz des Staatspräsidenten in Athen versprach Tsipras heute, die Interessen des griechischen Volkes zu wahren. Die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen haben sich nach eigenen Angaben mit der Linkspartei Syriza auf eine Koalitionsregierung verständigt. Das teilte der Chef der Unabhängigen Griechen, Panos Kammenos, nach einem Gespräch mit Tsipras mit.
Das Linksbündnis Syriza hat laut vorläufigem amtlichen Endergebnis die Wahlen in Greichenland mit 36,3 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Partei wird mit 149 Abgeordneten im neuen Parlament vertreten sein und verfehlt damit die absolute Mehrheit von 151 Sitzen knapp.
Die Partei der Unabhängigen Griechen - der kleinere Partner in der neuen Regierungskoalition - erhielt 4,8 Prozent und 13 Sitze im Parlament.
Zweitstärkste Kraft sind die bisher regierenden Konservativen der Nea Dimokratia mit 27,8 Prozent und 76 Mandaten. Die rechtsextremistische und ausländerfeindliche Goldene Morgenröte kommt auf den Dritten Platz mit 6,3 Prozent und 17 Sitzen im Parlament.
Die im letzten Jahr neu gegründete Partei der politischen Mitte To Potami (Der Fluss) erhielt 6,1 Prozent und wird mit 17 Abgeordneten im Parlament vertreten sein.
Der Einzug ins Parlament gelingt auch den Kommunisten mit 5,5 Prozent und 15 Abgeordneten. Die Partei der Sozialisten (Pasok) bekam nur noch 4,7 Prozent und wird mit 13 Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Die Wahlbeteiligung lag bei 63,9 Prozent
«Wir haben heute Geschichte geschrieben», verkündete Alexis Tspiras am Sonntagabend in Athen. Der Syriza-Chef will explizit nicht aus dem Euro austreten, möchte allerdings die strengen Sparmassnahmen lockern und einen Schuldenerlass erwirken. Kann sich Griechenland dabei nicht mit den übrigen Euro-Ländern einigen, könnte es zu einem Austritt aus der Eurozone kommen.
EZB schliesst Schuldenerlass aus
Die Europäische Zentralbank (EZB) schliesst eine Beteiligung an einem möglichen Schuldenerlass für das hoch verschuldete Land aus. Das gab EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré bekannt. «Es ist nicht an der EZB zu entscheiden, ob Griechenland Schuldenerleichterungen braucht», sagte Coeuré dem «Handelsblatt» (Montagsausgabe). Dies werde eine politische Entscheidung sein.
«Aber es ist absolut klar, dass wir keiner Schuldenerleichterung zustimmen können, bei dem die griechischen Anleihen einbezogen würden, die bei der EZB liegen.» Dies sei aus rechtlichen Gründen «unmöglich», betonte der EZB-Direktor.
«Der Euro kann noch schwächer werden»
Die Devisen-Märkte reagierten umgehend auf den Wahlsieg des linken Wahlbündnisses. Die Folge heute Morgen: ein noch schwächerer Euro.
Der Ausgang der Wahlen hatte direkten Einfluss auf die Märkte. Der Euro fiel auf den tiefsten Stand seit elf Jahren. Im fernöstlichen Devisenhandel notierte die Gemeinschaftswährung heute am frühen Morgen zwischenzeitlich bei 1,1098 Dollar – der niedrigste Stand seit September 2003. Anschliessend legte der Euro wieder leicht zu, kostete aber mit 1,1132 Dollar immer noch etwa 0,8 Prozent weniger als im späten US-Handel am Freitag.
Der Schweizer Franken blieb zum Euro unter Parität. Einen Euro gab es um kurz nach Mitternacht für 0,9823 Franken. Am Freitag waren es noch rund 0,988 Franken.
Experten hatten diese Negativ-Effekte bereits vor den Wahlen prognostiziert. «Kommt die linke Syriza an die Macht, kann der Euro schon noch schwächer werden», sagte UBS-Chefökonom Daniel Kalt am Freitag zu Blick.ch. «Meiner Meinung nach bleibt es in nächster Zeit ziemlich volatil, der Kurs kann also stark schwanken.»
«Griechenland braucht weiterhin ein Hilfsprogramm»
Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, pocht nach dem Syriza-Wahlsieg auf die Umsetzung der vereinbarten Reformen. Ein Schuldenschnitt alleine helfe nicht. «Klar ist, dass Griechenland auch weiterhin auf Unterstützung durch ein Hilfsprogramm angewiesen sein wird», sagte er in der ARD.
Und das heisse natürlich auch, dass es ein solches Programm nur geben könne, wenn auch die Verabredungen eingehalten würden. «Ich hoffe, dass die neue griechische Regierung keine illusionären Versprechungen macht, die sich das Land nicht leisten kann», so Weidmann.
Entscheidend sei, dass die öffentlichen Finanzen Griechenlands dauerhaft tragfähig würden. «Solange das nicht der Fall ist, würde auch ein Schuldenschnitt nur eine kurze Atempause gewähren», sagte Weidmann. (eg/sda)