Amok von München schrieb eigenes Manifest
Ali Sonboly (†18) plante Tat seit einem Jahr

Nach zwei Tagen stellt sich heraus: Der Amoklauf war simple Rache. In der Schule wurde Ali Sonboly gemobbt und verprügelt. Am Freitag wollte er es seinen ehemaligen Mitschülern heimzahlen. Sein Tat hat er ein Jahr lang vorbereitet.
Publiziert: 24.07.2016 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:45 Uhr
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War fasziniert von Amokläufen: Müncher Todesschütze Ali Sonboly.
Foto: bild.de

Der Amokläufer von München hat ein schriftliches «Manifest» zu seinen Taten verfasst – so wie sein Vorbild, der norwegische Amokläufer Breivik. Das sagt heute der Präsident des bayerischen Landeskriminalamts, Robert Heimberger, an einer Medienkonferenz. Ali David Sonboly (†18) habe sich ein Jahr lang mit dem Amoklauf befasst.

Am letzten Freitag dann, setzte er seinen Plan in die Tat um. BLICK zeichnet Sonbolys Vendetta nach.

«Kommt heute um 16 Uhr Meggi am OEZ. Ich spendiere euch was wenn ihr wollt, aber nicht zu teuer.» Mit diesen Worten lotste eine gewisse Selina Akim junge Menschen zum McDonald's beim Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München.

Hinter diesem und anderen Fake-Accounts steckt der Münchner Amokläufer Ali David Sonboly. Er lockt damit gezielt ehemalige Mitschüler an, an denen er sich rächen will. «Deswegen bin ich am Freitag um 16 Uhr am McDonald's gewesen», sagt der Ex-Klassenkamerad Ismael B. (20) zu «Bild am Sonntag». Der Amokläufer sei in der Schule gemobbt wurde, sagt B. – «vielleicht, weil er so viel lernte». Denn Alis Eltern waren «sehr gebildet». Ein Nachbar sagt: «Der Vater spricht fliessend deutsch, liest Kant und Schopenhauer.»

Jahrelang hatte der Deutsch-Iraner an der Mittelschule in der Toni-Pfülf-Strasse Ärger. Nachdem ihn drei Jugendliche 2012 in einer Pause verprügelt hatten, wurde es Ali David zu viel: Er sann auf Rache. Er begann, Bücher wie «Amok im Kopf – Warum Schüler töten» zu lesen.

Massenmörder wie Anders Breivik oder der Schul-Attentäter von Winnenden (D) wurden zu seinen Vorbildern. Ein Experte sagte am Samstag im «Bayrischen Rundfunk», es habe sich einen Amoklauf im klassischen Sinne gehandelt, wie er an US-Schulen vorkomme – nur halt nicht an einer Schule.

Gewaltphantasien im Netz

Der Amokläufer von München liess seinen Gewaltphantasien bereits im Internet freien Lauf. Auf dem Game-Forum «Steam» bedrohte er seine ehemaligen Mitschüler. Sagte, er würde sie erschiessen. Deshalb sei er schon vor über einem Jahr aus einer Gruppe ausgeschlossen worden.

Gemäss «Bild» soll Ali David Sonboly seine Ex-Kameraden auch «Steam» aufgefordert haben, zum McDonald's zu kommen – dort habe er den Amoklauf sogar explizit erwähnt. Die Jugendlichen nahmen ihn aber nicht ernst.

Ismael B. hat Glück. Er geht am Freitag um 16 Uhr zum McDonald's und trifft im ersten Stock auf seinen alten Klassenkameraden Ali David. «Ich sah ihn, klopfte mit der rechten Faust auf mein Herz. Er erwiderte den Gruss». Doch da das Mädchen von Facebook nicht da ist, geht Ismael B. mit einem Kumpel ins Einkaufszentrum zum Shoppen.

Der Rachefeldzug endet in einer Nebenstrasse

Ali David Sonboly zückt im Fast-Food-Restaurant seine Glock-Pistole und erschiesst vier Menschen. Anschliessend feuert er auf Passanten vor der Eingangstür und tötet zwei weitere. Im Innern setzt er seinen Amoklauf fort und tötet drei Menschen.

Jedes der Opfer hat - wie auch der Täter - einen Migrationshintergrund. Darunter sind:

  • Drei Opfer sind deutsch-türkischer Herkunft: Sevda D. (†45), Can L. (†14) und Selcuk K. (†15).
  • Roberto R. (†15) stammt aus Bulgarien.
  • Sabina S. und Armela (beide †14) haben kosovo-albanische Wurzeln.

Für die Behörden ist das «Zufall», wie es heute auf der Pressekonferenz hiess. «Ich möchte klarstellen, dass der Täter sich die Opfer nicht gezielt ausgesucht hat», sagt Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Er habe nicht gezielt Ausländer erschiessen wollen. Unter den Opfern waren keine Mitschüler des Täters.

Sonboly hat seine Waffe für 100 Euro im Darknet gekauft, dem «dunklen Teil» des Internets, wo es schwierig ist, Leute zu überwachen.

Schliesslich flieht er – und wird auf einem Parkdeck von einem Anwohner kurzzeitig in einen Streit verwickelt. Danach sucht er eine ruhige Nebenstrasse auf und versteckt sich. Als ihn Streifenpolizisten ansprechen, zieht Ali David Sonboly seine Waffe und schiesst sich in den Kopf. Die Polizei findet nach der 58 Patronenhülsen. In Sonbolys Rucksack liegen noch 300 weitere Schuss Munition.

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