Lange stand Österreich in der Flüchtlingskrise an der Seite der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Vor wenigen Wochen dann die Kehrtwende: Das Land beschliesst eine Obergrenze für Flüchtlinge und treibt die Grenzschliessungen auf der Balkanroute voran. Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz (29) ist inzwischen einer der schärfsten Kritiker von Merkels Flüchtlingspolitik.
Sebastian Kurz verteidigt die Schliessung der Balkanroute. In einem Interview in der «Bild am Sonntag» fordert er weitere Grenzschliessungen in Europa, um neue Routen zu verhindern.
«Schlepperei lässt sich nicht ganz verhindern. Wir werden daher alles, was wir jetzt an der Westbalkanroute tun, auch entlang der Italien-Mittelmeer-Route tun müssen, damit klar ist, die Zeit des Durchwinkens der Flüchtlinge nach Mitteleuropa ist vorbei - egal auf welcher Route», sagte der ÖVP-Politiker der «Bild am Sonntag».
Der Aussenminister kritisierte die bisherige Politik scharf: «Wir mussten aufhören, jeden Flüchtling, der in Griechenland ankommt, staatlich organisiert nach Mitteleuropa zu transportieren. Damit haben wir zwar den Wünschen der Flüchtlinge entsprochen, was menschlich nachvollziehbar war. Wir haben aber auch dafür gesorgt, dass sich immer mehr Flüchtlinge auf den Weg gemacht haben. Es war richtig, das mit dem Schliessen der Balkanroute zu beenden.»
Aus seiner Sicht müssen die Grenzen geschlossen bleiben. Sie könnten erst wieder aufgehen, «wenn der Flüchtlingszustrom nach Europa abgeebbt ist».
Das Leid an der mazedonischen Grenze sei furchtbar. Kurz: «Die Menschen müssen es aber vor allem ertragen, weil ihnen falsche Hoffnungen gemacht worden sind. Wir müssen ehrlich sagen: Ihr könnt nicht mehr nach Mitteleuropa reisen.»
Die EU muss nach Kurz' Worten Mazedonien bei der Grenzsicherung helfen. «Die Mazedonier übernehmen für uns die schwierige Aufgabe, den Zustrom zu stoppen, so lange Griechenland das nicht tut. Mazedonien braucht unsere Hilfe in Form von Personal und Ausrüstung.»
Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann äussert sich zu den Flüchtlingen. Er fordert Deutschland auf, eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen einzuführen. Gemessen am Wiener Richtwert sollte die Bundesrepublik jährlich 400'000 Flüchtlinge aufnehmen.
«Erst wenn Deutschland einen Richtwert nennt und Flüchtlinge nur noch direkt aus den Krisenregionen holt, durchbricht man die Logik der ungeordneten Migration», sagte Faymann der Tageszeitung «Österreich» am Sonntag.
Die Balkanroute sollte weiterhin geschlossen bleiben. Männer, Frauen und Kinder, die mit Hilfe von Schleppern an der EU-Aussengrenze ankommen, müssten ausnahmslos zurückgeschickt werden.
Über Merkel sagte Faymann in der «Kronen Zeitung»: «Sie muss das Modell durchbrechen, dass in einem Wettlauf jener der Sieger ist, der Deutschland erreicht. Man kann sich das Aufnahmeland nicht aussuchen.» (SDA/gf)