Spieglein, Spieglein an der Wand – wer sind die reichsten Aristokraten im ganzen Land? Die Antwort dürfte überraschen: Nicht der englische König Charles oder der Norweger Harald haben die grösste Schatzkammer, sondern das Fürstentum Liechtenstein. Das Vermögen der Fürstenfamilie wird auf über 10 Milliarden Franken geschätzt. Die Vorfahren des jetzigen Fürsten haben ein geniales Geschäftsmodell entwickelt: Ihnen gehört eine eigene Bank, die zugleich Staatsbank ist und keine Steuern zahlen muss.
Trotz des Reichtums ist die Fürstenfamilie, zumindest nach aussen hin, bescheiden geblieben. Wenn der Erbprinz nach Bern fährt, dann nimmt er die SBB. Im Vergleich zu Jeff Bezos' Venedig-Orgie fiel die Hochzeit von Prinzessin Marie Caroline am Samstag geradezu bescheiden aus.
Auch sonst macht das Ländle, das von der Schweiz gerne belächelt wird, vieles richtig. Mit dem EWR-Beitritt war Liechtenstein mutiger als die Schweiz. Die EU gilt in Vaduz als Partnerin, nicht als Unterwerferin. Und bei Trumps Zollhammer kam Liechtenstein mit 15 Prozent Strafzöllen deutlich besser weg als Bern.
Nun denkt Liechtenstein sogar über einen EU-Beitritt nach oder zumindest darüber, wie die Zusammenarbeit mit Brüssel intensiviert werden könnte. Liechtenstein, machst du es besser? Nicht in allen Bereichen. Aber gerade als Kleinstaat weiss Liechtenstein: Es ist auf gute nachbarschaftliche Beziehungen und auf stabile Verhältnisse angewiesen. Rechtsübernahme im EWR hat nichts mit Unterwerfung zu tun, sondern mit Pragmatismus. Vaduz hat einen besseren Sinn für Realität als Bern.