Wir wollen uns die Aufnahmen ersparen von den Todgeweihten, die in die Kameras ihrer Henker blicken. In den vergangenen Tagen hat sich auf der Welt etwas ereignet, von dem die Menschheit hoffte, es nicht mehr erleben zu müssen. Im Bürgerkrieg im Sudan haben aufgeputschte islamistische Milizen die Stadt al-Faschir im Süden des Landes eingenommen, der mehrheitlich von dunkelhäutigen Afrikanern bewohnt wird. Innert weniger Tage wurden Hunderte Zivilisten massakriert.
Die Bilder wecken Erinnerungen an den Völkermord in Ruanda 1994. Das Desinteresse der globalen Öffentlichkeit und die Gleichgültigkeit der Weltpolitik sind das Gemeinsame mit den Gräueln in der Vergangenheit. Die untätige Uno-Friedensmission von damals ist ebenso ein Sinnbild dafür wie die passiven Blauhelme in Srebrenica 1995. Offenbar aber gibt es auch im digitalisierten Zeitalter, in dem alles und jedes mit dem Smartphone dokumentiert und ins Internet gestellt werden kann, tote Winkel im Weltgeschehen. Die blinden Flecken sind kein technisches Problem, sondern ein kulturelles. Die Dritte Welt ist so weit weg wie eh und je, die Rede vom «globalen Dorf» eine Mär.
Die im Sudan mordende RSF-Miliz wird unterstützt von den Vereinigten Arabischen Emiraten. In Dubai befindet sich einer der weltweit grössten Umschlagplätze für Gold. Das Steuerparadies am Golf hat keine eigenen Vorkommen, der bitterarme «failed state» Sudan dafür umso mehr. Der blutige Krieg ist auch ein Konflikt um Bodenschätze, gesponsert von muslimischen Bruderstaaten.
Wo Recht aus dem Recht des Stärkeren besteht, bilden wirtschaftliche Interessen die ethischen Leitplanken. Weder die Arabische Liga noch die Afrikanische Union noch die Brics-Staaten und schon gar nicht die Uno scheinen gewillt oder imstande zu sein, das Blutvergiessen zu stoppen.
Der Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konvention bleibt das Mahnen und Appellieren; und wenn Amerika und Europa, die Wiege der Menschenrechte, abseitsstehen, passiert nichts. In der viel beschworenen neuen Weltordnung lauert die moralische Impotenz.