Ende März 1972 machte sich eine sowjetische Raumsonde auf den Weg Richtung Venus. Es war ein ambitioniertes Projekt. Das Ziel: neue Erkenntnisse zur Oberfläche der Venus sammeln und im Wettrüsten mit dem Westen einen Vorsprung erzielen.
Doch nach dem Start lief einiges aus dem Ruder: Die Oberstufe der Trägerrakete schlug fehl und liess wesentliche Teile der Sonde in der Erdumlaufbahn zurück. Seit diesem Zeitpunkt kreist das Wrack um die Erde. Die Sonde trug vermutlich ursprünglich den Namen Venera 9, als neunte Venus-Mission der Sowjets. In der offiziellen Kommunikation wurde sie dann aber Kosmos 482 getauft, so wie eine Serie von Erdsatelliten. Die Sowjets versuchten auf diese Weise, zu vertuschen, dass die Mission ein Fehlschlag war.
Kurz nach dem Scheitern fielen bereits einige Teile vom Himmel. Metallkugeln, etwa doppelt so gross wie ein Basketball, prallten in Ashburton, Neuseeland, auf die Erde. Sie stammten von Kosmos 482.
«Ungewöhnlich unkontrollierter Wiedereintritt»
53 Jahre später scheint der gescheiterte Flug wieder Konsequenzen zu haben. «In etwa zwei Wochen, am oder um den 9. und 10. Mai, wird ein ungewöhnlicher unkontrollierter Wiedereintritt stattfinden», sagt der Satellitenexperte Marco Langbroek in einem Beitrag auf X. Langbroek beschäftigt sich seit Jahren mit dem Irrläufer und hat dessen Flugbahn genau unter die Lupe genommen und modelliert.
«Es ist das Landemodul, das eintreten wird.» Der Ort des Einschlages ist völlig unklar. Die Sonde könnte, abgesehen von den Polen, praktisch überall vom Himmel fallen. Auch der genaue Zeitpunkt sei unklar, schreibt der Experte. Die Einschlaggeschwindigkeit am Boden schätzt der Niederländer gebremst von den Luftschichten auf rund 250 Kilometer pro Stunde.
«Sie wird wahrscheinlich hart aufschlagen»
Derzeit wird unter Fachleuten darüber spekuliert, ob die Teile aufgrund ihrer hohen Widerstandsfähigkeit den Wiedereintritt in die Erde unbeschadet überstehen werden. «Es ist wahrscheinlich, dass die Sonde den Wiedereintritt überlebt», so Langbroek. Denn: Der Hauptteil der Sonde wiegt fast eine halbe Tonne und wurde gebaut, um eine harte Landung auf der Venus mit einer Atmosphäre aus Schwefelsäurewolken, Temperaturen von über 400 Grad und 100-mal höherem Druck als auf der Erde zu überleben.
Die Sonde war für ihren Eintritt in die Venus-Atmosphäre offenbar mit einem Fallschirm ausgerüstet. Könnte sich dieser jetzt öffnen? «Ich würde nicht darauf wetten, dass der jetzt funktioniert, und ich würde davon ausgehen, dass sie – wenn sie den Wiedereintritt überlebt – hart aufschlagen wird.»
Ähnliches Risiko wie bei Meteoriteneinschlag
Laut dem Experten ist das Risiko, das von der Sonde ausgeht, ähnlich hoch wie bei einem Meteoriteneinschlag. «Die Risiken sind nicht besonders hoch, aber auch nicht null.»
Im Rahmen des Venera-Programms wurden zwischen 1961 und 1984 von der Sowjetunion mehrere Raumsonden zur Venus geschickt. Im Dezember 1970 konnte ein Erfolg verbucht werden: Die Landung einer Sonde auf einem fremden Planeten gelang. Die Schwestersonde von Kosmos 482 schaffte ebenfalls die Landung auf der Venus. Während 50 Minuten übermittelte sie Daten, bevor sie schliesslich verglühte.