Die gefährlichsten Landungen der Welt
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Sie verlangen Piloten alles ab:Die gefährlichsten Landungen der Welt

Als Reisejournalist unterwegs
Das sind meine schlimmsten Reiseerlebnisse

Ratten, Fieberschübe und Fähren, die auf Monsterwellen tanzen: Manche Reisen brachten Reisejournalist Christian Bauer an seine Grenzen.
Publiziert: 02.08.2025 um 11:23 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2025 um 12:03 Uhr
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In Indien barfuss durch einen Tempel laufen, in dem 20'000 Ratten ihre Hinterlassenschaften verteilen – einmal und nie wieder.
Foto: Shutterstock
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Christian BauerReise-Journalist

Wer reist, hat etwas zu erzählen – so lautet ein altes Sprichwort. Und tatsächlich sind es nicht die Sonnenuntergänge oder Sehenswürdigkeiten, die im Gedächtnis bleiben, sondern die Pleiten, Pech und Pannen. Die Momente, in denen man seine Komfortzone verlässt, körperlich leidet oder emotional überfordert ist – genau dort entstehen die Anekdoten, die man später seinen Freunden erzählt. Hier kommen meine fünf schlimmsten Reisemomente.

Der Rattentempel von Rajasthan

Indien ist laut, bunt, schrill – und immer wieder wunderbar. Ich liebe dieses Land mit seinen Extremen: tiefer Spiritualität, betörender Küche und einem Alltag zwischen Chaos und Zauber. Doch das Milliardenland bringt Reisende nicht selten an ihre Grenzen.

Bei mir war das der Fall im sogenannten Rattentempel von Deshnok. Der lokale Glaube besagt, dass Seelen Verstorbener als Ratten wiedergeboren werden – rund 20’000 Tiere sollen dort in einem Tempel leben. Ohne Scheu vor Menschen. Sie krabbeln über den Boden, über deine Füsse, über das Essen der Gläubigen – und man läuft barfuss durch ihre Hinterlassenschaften. Das Gefühl von Rattenscheisse, die sich zwischen den Zehen quetscht, ist das Ekligste, was ich auf Reisen erlebt habe. Und dann der Geruch: sauer, beissend, ekelhaft. Während ich würgte, sassen die Gläubigen auf dem Boden und assen seelenruhig Curry, das mitunter von einer Ratte direkt aus der Schüssel gemopst wurde. Indien in seiner intensivsten Form.

Leberpastete und die Hölle von Figeac

Durchfall gehört zum Reisen wie schlaflose Nächte in Hostelzimmern. Doch meine heftigste Lebensmittelvergiftung hatte ich nicht in den schwül-warmen Tropen, sondern in Frankreich in einem pittoresken Dorf auf dem Jakobsweg. Ich hatte mir in einem Dorfladen eine Leberpastete für ein späteres Picknick gekauft, die ich bei Sommerhitze im Rucksack verstaute – keine gute Idee bei einem leicht verderblichen Lebensmittel. Während die anderen Pilger in der Herberge fröhlich zu Abend assen, öffneten sich bei mir alle Schleusen. Und die Toilettentür war dünn. Sehr dünn – die Geräusche, die ich von mir gab, müssen fürchterlich gewesen sein.

Für Scham hatte ich keine Kraft mehr. Ich fühlte mich hundeelend, ausgewrungen, fiebrig. Die Herbergseltern fuhren mich ins Krankenhaus, wo man mich mit Spritzen und einer Infusion aufpäppelte. Diagnose: handfeste Lebensmittelvergiftung. Eine Woche lag ich flach – geschwächt, gedemütigt, aber um eine Erfahrung reicher. Leberpastete? Seither nie wieder.

Höllenfahrt auf hoher See

Die Fähre von El Hierro nach La Gomera hätte ein entspannter Inselhüpfer werden sollen. Stattdessen wurde sie zur kollektiven Magenentleerung. Kaum 30 Minuten nach Abfahrt war mein Café Latte von vorhin in der Kotztüte – gemeinsam mit dem Rest meines Magens. Und ich war nicht allein: 90 Prozent der Passagiere übergaben sich, kübelten, fütterten die Fische. Ein Sturm hatte das Meer in eine wogende Hölle verwandelt. Die Nase des Schiffs zeigte gen Himmel, um dann donnernd in ein Wellental zu krachen. Wer Glück hatte, konnte eine Kotztüte ergattern, andere Passagiere übergaben sich auf den Fussboden und die Sitze. Die seetüchtige Crew versuchte, mit Wischmopp und Chlorwasser der Flut aus Erbrochenen Herr zu werden. Vergeblich. Der säuerlich-süsse Gestank waberte durch das Schiff. Zwei Stunden lang. Es waren die längsten meines Lebens.

Grippe in der Grossstadt

Am Ende einer Pressereise auf den Kapverden erwischte mich die echte Grippe. So richtig: Fieber, Gliederschmerzen, Schüttelfrost – das ganze Programm. Mein Rückflug führte über Lissabon, wo ich eine Nacht bleiben musste. Ich pumpte mich mit Paracetamol voll und krümmte mich auf meinem Sitz zusammen. Mit letzter Energie schleppte ich mich in Lissabon von der U-Bahn zum Hotel. Ich hatte keine Kraft, meinen Koffer über die Treppen zu wuchten, ich schwitzte und fror. Im Hotelzimmer angekommen, zeigte das Thermometer 39 Grad – trotz fiebersenkender Medikamente. Es heisst, bei einer Grippe fühle man sich wie von einem Bus überfahren. Ich lag elend in einer fremden Stadt in einem fremden Bett – ich wollte nur noch nach Hause.

Angstzug nach Bodhgaya

Die Zugfahrt in Indien von Varanasi nach Bodhgaya, wo Buddha seine Erleuchtung erlangte, wurde zu einem Erlebnis zwischen spiritueller Suche und paranoidem Kopfkino. Wir hatten den Bummelzug erwischt, der in jedem Dorf hielt und mehrere Stunden im Schneckentempo durch die Landschaft ratterte. Als die Sonne unterging, sassen wir als einzige Touristen im Wagen – dabei hatte der Reiseführer Lonely Planet eindringlich vor einer Reise auf dieser Strecke bei Dunkelheit gewarnt. Klar, dass sich kaum je Touristen in diesen Zug verirrten – für die Menschen waren wir also eine gehörige Attraktion. Alle Passagiere im Waggon versammelten sich im Abteil gegenüber unseres Zweiersitzes und starrten uns wortlos an. Mehrere Stunden lang. Keine Feindseligkeit, nur Neugier – aber in meinem von Krimi-Fantasien überhitzten Hirn sah ich schon, wie wir ausgeraubt und ermordet in einem indischen Reisfeld endeten. Natürlich passierte nichts. Die Leute waren freundlich, interessiert, harmlos. Und doch war diese Zugfahrt eine Lektion: über Angst und Projektionen – und wie man manchmal einfach buddhistisch tief durchatmen sollte. Ohm!

Fazit

Reisen ist nicht immer schön. Aber genau das macht es unvergesslich. Die schlimmsten Erlebnisse sind oft die besten Geschichten.

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