Detox statt Drama
Boysober: Haben Frauen nun genug von Männern?

Dating-Pause statt Männerfrust: Immer mehr junge Frauen verabschieden sich vom Liebeschaos – freiwillig. Unter dem Hashtag #boysober feiern sie ein Leben ohne Dates, Ghosting und Drama. Was steckt wirklich hinter dem Trend? Und was bedeutet das für Männer?
Publiziert: 20.08.2025 um 15:18 Uhr
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#boysober ist kein Abschied von der Liebe, sondern eine Einladung zu mehr Tiefe, Bewusstsein und emotionaler Verantwortung.
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Darum gehts

  • Junge Frauen verzichten bewusst auf Dating und Beziehungen mit Männern
  • Boysober-Trend fördert Selbstbestimmung, mentale Gesundheit und neue Beziehungssichtweisen
  • Laut Studie leben 33 Prozent der Gen-Z-Frauen in den USA bewusst ohne Beziehung
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Gunda BosselSEO Redaktorin

Dating-Pause statt Männerfrust: Immer mehr junge Frauen verabschieden sich freiwillig vom Liebeschaos – keine Dates, keine Dating-Apps, keine emotionalen Spielchen. Unter dem Hashtag #boysober feiern sie auf Tiktok und Instagram ein Leben ohne Männer – zumindest vorübergehend.

Was zunächst wie radikaler Beziehungsfrust klingt, ist in Wahrheit ein Akt der Selbstfürsorge. Doch was steckt wirklich hinter dem Trend? Und wie sollten Männer jetzt damit umgehen?

Dating-Detox statt Drama

Der Begriff Boysober stammt aus dem Englischen – eine Kombination aus «boy» (Junge/Mann) und «sober» (nüchtern/enthaltsam). Gemeint ist damit eine Phase im Leben, in der Frauen romantische oder sexuelle Kontakte mit Männern bewusst pausieren. Kein Swipen, keine Matches, kein Beziehungskampf.

Bekannt wurde der Begriff durch die US-Comedian Hope Woodard (28), die auf Tiktok über ihre einjährige Dating-Abstinenz sprach – und damit einen Nerv traf. Ihre Erfahrung: mehr innere Stabilität und weniger emotionales Chaos. 

Auch in der Schweiz ist das Phänomen angekommen. Viele Frauen berichten, dass sie sich durch den bewussten Rückzug deutlich freier und stabiler fühlen. Die ständige Erwartung, gefallen zu müssen, weicht dem Gefühl, endlich wieder Zeit für sich selbst zu haben. Freundschaften, Hobbys und die eigene mentale Gesundheit rücken in den Fokus.

Single sein als Lebensform, wenn auch nicht für immer geplant.
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«Ich habe endlich verstanden, dass ich nicht in einer Beziehung sein muss, um mich vollständig zu fühlen», sagt zum Beispiel Sandra (32). «Mein Gehirn fühlt sich frei an. Ich muss mir keine Gedanken mehr machen, ob jemand schreibt, zurückruft oder sich komisch verhält», beschreibt Janine (23) den Grund, warum sie Boysober lebt.

Wenn Dating mehr stresst als verbindet

Der Rückzug vieler Frauen kommt nicht von ungefähr. Eine aktuelle US-Studie zeigt, wie belastend das Datingleben – besonders für die Gen Z – geworden ist. Sieben von zehn Singles glauben, dass sich die Geschlechterrollen zunehmend voneinander entfernen. Junge Frauen erleben, dass viele Männer emotional nicht verfügbar sind oder kein klares Beziehungsziel verfolgen – während Männer sich selbst oft als missverstanden empfinden.

Vor allem Stereotype machen das Kennenlernen schwer: Männer berichten, sie würden häufig als bindungsunfähig, verschlossen oder nur an Sex interessiert wahrgenommen. Frauen hingegen haben oft mit dem Klischee zu kämpfen, sie seien nur auf finanzielle Sicherheit aus – oder nicht wirklich an einer festen Beziehung interessiert. Dieses gegenseitige Misstrauen lässt viele Begegnungen früh scheitern.

Die Nutzerzahlen auf Datingapps sind weltweit rückläufig.
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Dazu kommt eine wachsende Unsicherheit, was eigentlich noch «normal» ist: Wer macht den ersten Schritt? Ist das jetzt nur ein Flirt – oder will er oder sie mehr? Laut Studie erleben über 40 Prozent der Befragten Missverständnisse über Beziehungsziele. Fast ebenso viele fühlen sich durch unterschiedliche Kommunikationsstile irritiert. Und knapp 39 Prozent der befragten Personen sagen, es fehle an emotionaler Offenheit.

Moderne Männlichkeit – zwischen Unsicherheit und Anspruch

Was eine «gesunde» Männlichkeit heute eigentlich bedeutet, ist ebenfalls Teil der Verwirrung. Zwar glauben rund zwei Drittel der Männer, dass sie empathisch, offen und reflektiert mit ihrer Rolle umgehen – doch vier von fünf Frauen sagen, sie erkennen bereits nach wenigen Dates, ob ihr Gegenüber in alte Rollenbilder zurückfällt, die sie sich in ihrem Leben nicht wünschen.

Kein Wunder also, dass viele junge Frauen lieber auf Distanz gehen, als sich erneut in emotional unsichere oder unharmonische Konstellationen zu stürzen.

Zudem beklagen viele, dass die Dynamik beim Kennenlernen zunehmend passiver wird – besonders bei der Gen Z. Fast drei Viertel der jungen Menschen erleben, dass niemand mehr den ersten Schritt machen will. Gleichzeitig werden durch Social Media und Hollywood-Romantik unrealistische Vorstellungen von der perfekten Beziehung vermittelt – der «Soulmate», der alle Erwartungen erfüllt, ist selten Realität. So landen viele dank zu hoher Erwartungen hart auf dem Boden der Realität.

Oft basieren unsere Vorstellungen von Beziehungen auf falschen Bildern in unseren Köpfen.
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Kein Männer-Bashing – sondern Bewusstheit

Was der #boysober-Trend ausdrücklich nicht ist: eine Anti-Männer-Bewegung. Frauen wenden sich nicht aus Hass oder Abneigung ab – sondern weil sie in einer überreizten, oft oberflächlichen Dating-Welt innehalten wollen. Es geht um emotionale Selbstfürsorge.

Viele Frauen ziehen sich bewusst zurück, um vergangene Muster zu hinterfragen, toxische Erfahrungen aufzuarbeiten oder überhaupt erst zu erkennen, was sie sich in einer Partnerschaft wirklich wünschen.

Was wollen die Frauen?

Für Männer mag das zunächst verunsichernd wirken – doch gerade hier liegt eine Chance. Denn #boysober ist kein Abschied von der Liebe, sondern eine Einladung zu mehr Tiefe, Bewusstsein und emotionaler Verantwortung.

Wer sich als Mann fragt, wie er in dieser neuen Dating-Welt bestehen kann, sollte sich nicht an veralteten Männlichkeitsidealen orientieren – sondern an Werten wie Verlässlichkeit, Offenheit, Empathie und Klarheit.

Was Frauen sich heute wünschen, ist kein Ritter auf dem weissen Pferd – sondern jemand, der ehrlich kommuniziert, sich emotional zeigen kann, und bereit ist, zuzuhören statt zu performen. Sich verletzlich zeigen ist kein Schwächezeichen, sondern wirkt oft verbindender als jedes gestählte Selbstbewusstsein.

Romantik? Ja – aber bitte echt

Also, liebe Männer: Keine Panik. Dass sich viele Frauen vorübergehend vom Daten zurückziehen, ist kein Zeichen dafür, dass sie keine Nähe mehr wollen – sondern dass sie echtere Nähe von euch suchen! Der klassische Beziehungsweg – schnell verlieben, zusammenziehen, Kompromisse machen – funktioniert für viele nicht mehr. Es braucht neue Wege, die auf Augenhöhe basieren.

Die gute alte Romantik ist nicht tot – sie hat sich einfach verändert. Sie beginnt heute oft mit emotionaler Intelligenz, ehrlichem Interesse und respektvollem Umgang, nicht mit grossen Gesten, lautem Geschrei oder klugen Sprüchen. Wer heute punktet, ist nicht der Schnellste oder Lauteste – sondern der, der echtes Interesse zeigt, auch mal Unsicherheit zulässt und nicht vor Gesprächen über Gefühle zurückschreckt. Wer ehrliches Interesse zeigt und dich und dein Leben nicht zu seinen Gunsten manipulieren möchte.

#boysober ist kein Nein zur Liebe. Es ist ein Ja zur eigenen Klarheit – und vielleicht auch ein Ja zu Partnerschaften, die weniger Drama, aber mehr Tiefe und innere Freiheit bringen. Und genau darin liegt eine Chance: Für Frauen wie für Männer.

Was denkst du über diesen Trend? Hast du selbst eine Dating-Pause eingelegt – oder überlegst du es gerade? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare oder teile deine Erfahrungen anonym mit unserer Redaktion. 

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