Interview mit Beda Stadler
«Rauchen wurde immer mühsamer»

Der Immunologe Beda Stadler (67), Raucher aus Leidenschaft, stieg vor drei Jahren auf die E-Zigarette um. Mit Vergnügen.
Publiziert: 28.05.2018 um 17:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:30 Uhr
Immunologe Beda Stadler (67) stieg auf die E-Zigarette um.
Foto: LUKAS LEHMANN
Christiane Binder

Wann haben Sie mit dem Rauchen angefangen?

Etwa mit 12 Jahren. Das musste klammheimlich passieren. Zigaretten am Kiosk zu kaufen, das ging natürlich nicht. Aber am Bahnhof gab es einen Kiosk, da konnte man sich für zehn oder 20 Rappen ein Päckli mit vier bis fünf Zigaretten ziehen. Das war höchst illegal, aber reizvoll. Wir haben geschlotet wie wild. Ich habe dann geraucht bis zu meiner Pensionierung vor drei Jahren.

Sie wollten nie aufhören?

Nein, ich hatte solche Anwandlungen nie. Aber je länger, desto mehr habe ich gelitten. Das Rauchen wurde immer mühsamer. Irgendwann war im Insel-Spital, wo ich gearbeitet habe, das einzige Professorenbüro, wo noch geraucht wurde, meines. Da kamen dann immer nette Kollegen vorbei – unter irgendeinem Vorwand. Aber sie wollten nur eine paffen. Dann durfte man auf Bahnsteigen bloss noch in dem gelben Quadrat rauchen. In den Zügen wurde es verboten. Die Kabinen in den Flughäfen, wo man noch eine ziehen durfte, wurden immer mickriger, und es stank bestialisch. Heute wird man als Raucher sogar im Gartenrestaurant scheel angesehen.

Aber müssen nicht die Nichtraucher geschützt werden?

Wohlgemerkt: Wenn jemand sich gestört fühlt, ist es für einen Raucher ein Gebot des Anstands, nicht in dessen Gegenwart zu rauchen. Aber die angebliche Gefahr des Passivrauchens ist ein Märchen.

Tatsächlich?

Rauchen ist gefährlich, das ist unbestritten. Aber es gibt keine Beweise, dass Passivrauchen eine tödliche Gefahr darstellt.

Dann haben Sie doch aufgehört. Was gab den Ausschlag?

Die E-Zigarette. Die wurde zunächst ja verteufelt. Aber mich als Forscher hat sie brennend interessiert. Funktioniert das? Ich habe mir eine bestellt, am Anfang gab es ja noch keine zu kaufen. Ab dem ersten Tag mit der E-Zigarette habe ich keine Zigarette mehr geraucht. Es war überhaupt kein Kraftakt.

Was ist das Tolle an der E-Zigarette?

Bei mir fährt das Nikotin viel besser ein. Schon nach einem Zug aus der E-Zigarette sind bei mir die Rauchgelüste weg. Ich kann jetzt dampfen, muss aber nicht auf lieb gewonnene Gewohnheiten wie die Zigarette nach dem Essen oder während des Fahrens verzichten. Nach und nach kommt man sogar weg von den Tabakgeschmäckern in den Liquids. Ich dampfe, während ich mit Ihnen rede, Erdbeer- und Minzegeschmack.

Klingt, ehrlich gesagt, nicht besonders lecker.

Man muss beim Umstieg darauf achten, dass man eine Geschmacksrichtung erwischt, die man mag. Sonst funktioniert es nicht.

Wie fühlen Sie sich gesundheitlich?

Nach drei Wochen war der Raucherhusten weg. Auch sonst fühle ich mich wesentlich besser.

Haben Sie zugenommen?

Es ist leider wahr: Als Raucher kann man sein Gewicht besser halten. Aber meine Frau hat schon früher gesagt, ich sei zu dick. Ich sage ihr dann: Du hast ein Augenleiden.

Hat die E-Zigarette auch Nachteile?

Ihr fehlt der Coolness-Faktor. Sie ist hässlich. Und sie ist unpraktisch in der Handhabung. Da muss sich die Industrie noch was ausdenken.

Warum rauchen die einen, und den anderen fehlt überhaupt nichts, wenn sie nicht rauchen?

Bei mir war das vielleicht so: Bei allem, was mit Genuss zu tun hat, habe ich Mühe, mich zu kontrollieren. Nikotin ist ein positives Stimulans. Es erzeugt einen Kick. Einen kurzzeitigen Brain-Schub. Auch beim Sport erzeugt der Körper körpereigene Drogen, die Glücksgefühle auslösen. Es gibt exzessive Jogger, die, wenn sie nicht joggen, Entzugserscheinungen haben. Aber mein Körper reagiert nun mal nicht auf das Stimulanz «Sport und Bewegung». Es gibt auch Menschen, die eine positive Stimulation durch Verzicht erreichen können – Weltverbesserer etwa, oder Grüne. Aber bei mir wirkt das auch nicht.

Sind Raucher nettere Menschen?

Raucht man vor der Tür und trifft dort andere Leute, dann ist es gleich lustig. Man findet: Das sind sehr nette Leute. Aber vielleicht ist das auch gar nicht so und nur ein Trugschluss. Man trifft einfach auf ähnliche Menschen mit ähnlichen Schwächen – vielleicht schafft das die Sympathie.

Wie lange, glauben Sie, werden Menschen noch Tabak rauchen?

Das Dampfen wird je länger, je mehr aufkommen. Vielleicht kommen einmal Substanzen auf, die unsere kognitiven Fähigkeiten verbessern und uns Genuss bereiten. Es wäre doch lustig, in einer Gesellschaft zu leben, die nicht mehr froh ist, wenn alle leiden.

Tun wir das denn?

Wir sind immer noch eine religiöse Gesellschaft. Die Religion gaukelt uns vor, es gäbe ein zweites, schöneres Leben und wir müssten deshalb im ersten Leben auf vieles verzichten. Aber wenn wir einmal so weit sind zu begreifen, dass wir nur dieses eine Leben haben, wo man Spass haben darf, dann könnte man vielleicht Substanzen finden und einsetzen, die den Spass nicht diskreditieren. Das ist denkbar. Die Zeiten ändern sich. Es ist noch gar nicht lange her, dass Schmerzmittel verpönt waren.

Raucherquote in der Schweiz konstant

Trotz millionenschwerer Kampagnen der Gesundheitsbehörden sinkt der Anteil der Raucher in der Schweiz nicht mehr signifikant. Seit Jahren liegt er bei rund einem Viertel der Bevölkerung. Für Professor Jürg Barben, Lungenarzt am Kinderspital St. Gallen, ist klar warum: «Es gibt drei Gründe: Die Schweiz hat kein konsequentes Werbeverbot für Tabakprodukte, die Zigaretten-Preise sind nicht wesentlich erhöht worden, und es gibt keinen konsequenten Schutz vor Passivrauchen.»

Damit ist die Schweiz gleichauf mit Ländern wie Kuba oder Afghanistan, die das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs auch noch nicht ratifiziert haben.

Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie Kanada und Australien. Hier liegen die Raucherquoten bei rund 11 Prozent der Bevölkerung. Diese beiden Ländern haben schon vor Jahren totale Werbeverbote für Tabak erlassen, ein Päckli Zigaretten kostet bald bis zu 40 Franken, und zum Schutz der Nichtraucher gibts grosszügige Rauchfreizonen vor Hauseingängen. Anders als in der Schweiz kann man also für die Rauchpause nicht einfach raus vors Haus.

Trotz millionenschwerer Kampagnen der Gesundheitsbehörden sinkt der Anteil der Raucher in der Schweiz nicht mehr signifikant. Seit Jahren liegt er bei rund einem Viertel der Bevölkerung. Für Professor Jürg Barben, Lungenarzt am Kinderspital St. Gallen, ist klar warum: «Es gibt drei Gründe: Die Schweiz hat kein konsequentes Werbeverbot für Tabakprodukte, die Zigaretten-Preise sind nicht wesentlich erhöht worden, und es gibt keinen konsequenten Schutz vor Passivrauchen.»

Damit ist die Schweiz gleichauf mit Ländern wie Kuba oder Afghanistan, die das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs auch noch nicht ratifiziert haben.

Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie Kanada und Australien. Hier liegen die Raucherquoten bei rund 11 Prozent der Bevölkerung. Diese beiden Ländern haben schon vor Jahren totale Werbeverbote für Tabak erlassen, ein Päckli Zigaretten kostet bald bis zu 40 Franken, und zum Schutz der Nichtraucher gibts grosszügige Rauchfreizonen vor Hauseingängen. Anders als in der Schweiz kann man also für die Rauchpause nicht einfach raus vors Haus.

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