Nach dem Ende des Mindestkurses
Das kommt jetzt auf uns zu

Wir werden den Entscheid der Nationalbank, den Mindeskurs zum Euro aufzugeben, direkt zu spüren bekommen. Was uns alles blüht und was wir jetzt alles wissen müssen.
Publiziert: 15.01.2015 um 17:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 17:07 Uhr
Von Moritz Kaufmann

Warum die Aufregung?
Der Wegfall des Euro-Mindestkurses kommt völlig überraschend. Noch am Morgen rechneten führende Ökonomen damit, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) lange an ihrer Politik festhalten wird. Nationalbank-Präsident Thomas Jordan: «Sie können eine solche Politik nur überraschend ändern.»

Wird Shoppen jetzt günstiger?
Ja. Weil der Franken jetzt stärker geworden ist, lohnt sich das Einkaufen im Ausland jetzt noch mehr. Auch im Inland könnten Importprodukte bald billiger werden.

Was wird sonst noch günstiger?
Auslandreisen - vor allem nach Europa und Amerika - kosten mit dem Wegfall des Mindestkurses weniger.

Wer profitiert sonst noch davon?
Zum Beispiel Rohstoffimporteure wie Ölhändler. Der Franken hat sich nicht nur gegenüber dem Euro aufgewertet, sondern auch gegenüber dem Dollar. Weil Rohstoffe in der amerikanischen Leitwährung gehandelt werden, werden sie nun auch billiger. Im Klartext heisst das: Bezin und Heizöl müssten, bleiben die Kurse so, billiger werden.

Warum stürzt die Schweizer Börse ab?
Die Schweiz exportiert viel. Weil Produkte, die in der Schweiz hergestellt werden, im Ausland jetzt massiv teurer werden, rechnen die Investoren mit Verlusten. Einige Titel verloren dramatisch an Wert, etwa die Aktie der Swatch-Group. Konzernchef Nick Hayek kommentiert gegenüber Blick.ch: «Da fehlen einem die Worte.»

Sind die Arbeitnehmer betroffen?
Indirekt. Die hohen Löhne in der Schweiz sind ein Kostentreiber. Sie kommen jetzt unter Druck. Längerfristig könnte es zu Entlassungen kommen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund schreibt in einem Communiqué: «Massive Gefahr für Löhne und Arbeitsplätze.»

Was bedeutet das alles für den Tourismus?
Für die Tourismusindustrie ist diese Nachricht mitten in der Wintersaison ein Desaster. Die Hochpreisinsel Schweiz wird jetzt für Ausländer noch teurer. «Der Entscheid trifft den Tourismus wohl am intensivsten», twittert Schweiz-Tourismus-Direktor Jürg Schmid.

Wie viel Geld verliert eigentlich die Nationalbank?
Die Nationalbank hat heute rund 175 Millarden Euro und 142 Milliarden Dollar in ihren Büchern.  Wir der Euro weniger wert, verliert die SNB Geld. Beim Euro sind es bei 5 Rappen 10 Milliarden, beim Dollar 5 Milliarden.

Gleichzeitig wird der Negativ-Leitzins um ein halbes Prozent auf -0,75 erhöht. Warum?
Die Nationalbank will das Horten von Schweizer Franken noch unattraktiver machen.

Was sind Negativzinsen?
Die SNB belastet den Banken für Gelder, die sie bei ihr deponieren, mit einer Gebühr.

Muss ich für mein Geld bei der Bank bald bezahlen, statt Zinsen zu bekommen?
Nein, das sagt zumindest Nationalbank-Präsident Jordan. «Ich gehe nicht davon aus, dass die Banken für Kleinsparer Negativzinsen einführen wird.»  Einige Banken wie etwa die Zürcher Kantonalbank haben in ihren Geschäftsbedingungen aber eine Passus enthalten, der es ihnen erlaubt, bei «speziellen Marktverhältnissen» Negativzinsen einzuführen.

Wird sich der Euro-Franken-Kurs erholen?
Die Nationalbank glaubt, dass die Märkte jetzt überreagieren. Der Euro-Franken-Kurs werde sich wieder einpendeln. Ökonom Klaus Wellershof erklärt: «Jetzt macht wieder der Markt den Kurs. Wir müssen damit rechnen, dass der Franken stärker sein wird als vor der Aufhebung.»

Wie gehts jetzt weiter?
Das kommt darauf an, wie sich die Schweiz vom Schock erholt. Einige Beobachter rechnen mit einer Rezession. Andere sind Optimistischer.

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