Mit 120 strickenden Leuten im Strickkino
Masche für Masche durch den Film

Zürich entdeckt das Strickkino: Im Arthouse Movie klappern die Nadeln zum Film. Unsere Autorin war bei der Premiere dabei.
Publiziert: 05.06.2025 um 10:37 Uhr
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Stricknadeln bereit, Wolle im Schoss: Der Kinosaal im Arthouse Movie füllt sich mit über 100 strickfreudigen Besuchenden.
Foto: ©MilutinKostic

Darum gehts

  • Strickkino: Neues Format in Zürich kombiniert Kino und Stricken
  • Trend aus Skandinavien, bereits in deutschen und österreichischen Städten etabliert
  • 120 Besuchende beim ersten Event, weitere Termine geplant
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ramona RosatiRedaktorin Gesellschaft

Zu diesem Kinobesuch am ersten Mittwochabend im Juni habe ich etwas eingepackt, das ich noch nie dabei hatte: meine «Lismete». Eines von drei angefangenen Strickprojekten, das ich seit Monaten nicht mehr angerührt habe.

Im Arthouse Movie in Zürich startet ein Format, das in der Schweiz noch fast unbekannt ist: Kino und Stricken in Kombination. Der Trend kommt ursprünglich aus Skandinavien, hat sich aber bereits in einigen deutschen und österreichischen Städten etabliert – jetzt zieht Zürich nach. In Solothurn und Rapperswil SG fanden bereits ähnliche Kinovorstellungen statt.

Von der Berlinale inspiriert

Die Idee dazu brachte Franziska Thomas, Geschäftsführerin der Arthouse Kinos, von der Berlinale mit. Dort lief sie zufällig an einem Strickkino-Event vorbei und war sofort begeistert. Gemeinsam mit der engagierten Strickerin Sabine Kayser und dem Winterthurer Woll-Label Novalana entwickelte sie ein Zürcher Pendant.

In der Schlange vor dem Kino besprechen die Wartenden ihre Projekte, im Foyer verkauft Novalana Wolle, es gibt Popcorn, Prosecco und viel Vorfreude. Der Kinosaal füllt sich mehr und mehr. Menschen unterschiedlichsten Alters strömen hinein. Freundinnen, Einzelpersonen, kleine Gruppen. Auch ein paar wenige Männer sind da. Die beiden Novalana-Vertreterinnen bleiben während des gesamten Films vor Ort, falls mal Wolle fehlt oder ein Stricknotfall auftritt.

Gezeigt wird «Grand Budapest Hotel» von Wes Anderson. Das Licht im Saal bleibt an, damit alle ihre Arbeit noch sehen. Die Stimmung ist besonders. Es wird gelacht, gestrickt und geschaut. Ein kollektives Wohlfühlen macht sich breit.

Stricken und dem Film folgen: kompliziert

Ich selbst bin keine absolute Anfängerin im Stricken, aber mir fehlt die Routine. Ich habe etwas Mühe, mich gleichzeitig auf den Film und auf mein Projekt zu konzentrieren. Und ehrlich gesagt: Bei meinem angefangenen Schal bin ich kaum weitergekommen. Aber das spielt keine Rolle – es ist ja sowieso Sommer.

Für Franziska Thomas war die Aufregung vorab gross: «Ich bin zufrieden, wenn 50 Leute kommen», sagte sie noch vor der Vorstellung. Am Ende sind es 120.

Tatsächlich ist der Abend erst der Auftakt. Bereits geplant sind drei weitere Strickkino-Termine. Alle Filme wurden so ausgewählt, dass sie zum Stricken taugen, mit wenig Dialog und starken Bildern. Im Juli läuft «Die göttliche Ordnung», im September «The Dressmaker», und im Oktober «Breakfast at Tiffany’s».

Als der Abspann flimmert, klatschen die Zuschauerinnen und Zuschauer – und ich klatsche mit. Obwohl ich das sonst eher belächle, fühlt es sich hier ganz richtig an. Es ist eben keine gewöhnliche Kinovorstellung, sondern ein Abend voller Gemeinschaft und Gemütlichkeit.

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